Abstieg zum Vistekjávrre
Über Nacht hat sich der Wind gelegt. Dafür hängen nun die Wolken tief über dem Vistekjávrre. Sie ziehen vor allem an der Bergkette des Tsäkkok an der Nordseite des Fierrovágge entlang. Da mein Zelt recht trocken ist, dürften die Wolken nicht viel tiefer gewesen sein. Auch wenn der höchste Punkt auf dem Vájmokbákte nicht viel höher als mein Übernachtungsplatz liegt, lasse ich es langsam angehen. Die Hoffnung, die Wolken mögen sich lichten und ich mehr von der Landschaft sehen können erfüllt sich.
Um halb 10 bin ich abmarschbereit und wandere los. Um den kleinen Tümpel herum erreiche ich den Nordkalottleden, welcher mich hinab zum Vistekjávrre führt. Auch wenn beim Abstieg kleine Blockfelder zu queren sind, die Steine liegen meisten flach und es lässt sich noch gut gehen. Am Ufer gibt es kaum ebene Grasflächen und wenn, dann sind sie feucht und mit Felsen durchsetzt. Als ich das östliche Ende des Vistekjávrre erreiche, wird es flacher und grüner. Hier hätte ich trotz der Felsen und Steine etwas gefunden. Was mich aber total ablöscht, ist der weiße Schaum am kleinen Kiesstrand. Auch zwischen den Steinen am Ufer entlang strahlt es weiß. Hat hier jemand im See seine Wäsche gewaschen?
Durch das Vájmokvágge
Vom See geht es ein kleines Stück über felsigen Grund aufwärts und dann kann ich ins Vájmokvágge und über den See Vájmok blicken. Am Nordufer thront der Vájmokbákte, welcher steil zum See abfällt. Anders als der Winterweg, geht es am Seeufer für Wanderer also nicht weiter, sondern der Weg führt hinab ins Tal, quert einen Wasserlauf und dann geht es wieder hinauf auf den Vájmokbákte und steil bergab zur Vájmokstugan.
Beim Abstieg wird mir wieder bewusst, wie herbstlich die Farben bereits sind. Zu meiner Freude kommt die Sonne heraus, sodass die Farben besonders strahlen. Das Fjäll im Spätsommer ist immer eine sehr schöne Zeit zum Wandern, wenn es nur nicht schon so kalt wäre. Bis jetzt habe ich jedoch noch keinen Nachtfrost gehabt und so sind immer noch Mücken aktiv.
Im Talgrund führt ein kleiner Umweg zu einem Steg der ans andere Ufer des kleinen Flusses führt. Ein Schild verspricht die Vájmokstugan in 5 Kilometer Entfernung. Im Winter über den zugefrorenen See sind es dagegen nur vier. Rund 260 Höhenmeter gilt es nun zu überwinden.
Über den Vájmokbákte zur Vájmokstugan
Der Einstieg ist seicht und es wird schnell steiler. Schritt für Schritt drücke ich mich mit dem Rucksack nach oben. Der Blick geht wieder auf den Boden um zu sehen, wohin ich meinen Fuß setze. Nach rund 40 Höhenmeter beginnt der Weg am Hang entlang zu traversieren und die Steigung nimmt ab. Als ich hochschaue sehe ich ein Rentier weiter oben am Weg. Das sieht aber komisch aus denke ich noch. Als ich nochmal genauer hinschaue, wird mir klar, das mir ein ganz in Schwarz gekleideter Wanderer mit Trekkingrucksack, großer Fototasche und zwei Holzwanderstäben entgegenkommt. Er steht und nimmt sich gerade die Mütze ab. Grußlos geht er an mir vorbei. Das ist mir auch noch nicht passiert.
Weiter oben wird das Gelände steiler und ich bin dem kalten Wind ausgesetzt. Ich setzte die Mütze auf. Beim Blick zurück kann den Vistekjávrre sehen. Ein paar Höhenmeter und schon beherrschen die Steine den Untergrund. Als ich den Sattel erreiche, bin ich wieder auf dem Gemeindegebiet von Jokkmokk und kann weit nach Nordosten blicken. Die Landschaft ist schroff. Dunkel hebt sich die im Schatten liegende Bergkette nördlich des Fierrovágge ab und wirkt so besonders dramatisch. In der Ferne ist die Steilwand des Vuoksákvahta zu erkennen. Dahinter geht es hinab ins Tarradalen. Das grüne Fierrovágge versteckt sich etwas und so beherrschen Felsen und Steine den Ausblick. Über diese steinige Ebene hätte ich vom Råvejávrre direkt zum Vájmok wandern können, statt die Schleife nach Pieskehaure unter die Sohlen zu nehmen.
Ein kleines Stückchen und ich kann hinab zum Vájmok sehen. Am anderen Ende erhebt sich der Staika, der mich nun die nächsten Tage begleiten wird. Die Hütte liegt direkt unter mir, wird aber noch eine ganze Weile vom Berghang verdeckt. Über Wiesen steige ich ab. Vom See 1024 fließt ein Fluss hinab, der direkt an der Hütte über mehrere Arme gequert wird. Auch hier weht keine Flagge mehr und die Hütte ist bereits verschlossen. Ein Schild weist auf den Umstand und den Sicherheitsraum in der Stugvärdsstugan hin. Eine Holzbank und Tisch laden zur Pause ein. Es ist schon 14 Uhr und das Garmin zeigt erst 7 Kilometer an. Was solls. Ich habe immer noch einen Reservetag und das Wetter soll noch besser werden. Während ich Kartoffelpüree löffel schaue ich auf die Karte. Kurajaure wäre das heutige Ziel, aber vielleicht finde ich vorher an den Seen etwas.
Bevor ich die Vájmokstugan verlasse beschliesse ich noch den Sicherheitsraum zu inspizieren. Neugierig bin ich ja schon. Er befindet sich in der kleinen, abseits gelegenen Hütte des Hüttenwartes. Im Flur befindet sich das Nottelefon mit Standleitung zur Polizei. Die Tür zum Raum des Stugvärd ist einbruchssicher verschlossen. Der Sicherheitsraum ist dunkel, da die Fenster abgedunkelt sind. Ich will nichts dreckig machen und kann Feuerholz und Doppelstockbetten ausmachen. Als ich die Tür wieder verschließe, kommt wie aus dem Nichts ein heulender Windstoß und Regen. Ich warte die Tropfen unter dem Eingangsdach ab und wandere nun am Seeufer entlang.
Am Ufer des Vájmok entlang Richtung Gurávágge
Sah es von oben noch sehr verblockt aus, so ist der Weg gut zugehen. Der ausgetretene Pfad läuft im Hang entlang und umschifft die Blockfelder am Wasser. Der Wind kommt von hinten und so kann ich die Regenschauer kommen sehen. Das Seewasser kräuselt sich unterhalb der Regenwolke und es bleibt genügend Zeit einen Windschutz zu suchen. Waren es am Anfang nur kurze Schauer, wechsel ich bei einem längeren Regenschauer doch in meine Regenkleidung.
Der Gipfel des Staika ist inzwischen von Wolken umhüllt und ohne Sonne ist es recht kalt. Kaum kommt die Sonne raus, ist es für die Regenkleidung dagegen wieder zu warm. Da sich das Seewasser unterhalb des Vájmokbákte schon wieder kräuselt lasse ich alles an. Zum östlichen Seeende hin beginnt der Weg anzusteigen. Hier verlässt der Nordkalottleden das Vájmokvágge über einen kleinen Pass und führt über eine kleine Ebene ins Gurávágge. Das Vájmokvágge hat auf dieser Seite nichts mit dem grünen Tal auf der Seen-Nordwestseite gemeinsam. Hier liegen einfach nur Steine. Ob ich wohl vor Kurajaure einen Zeltplatz finden werde?
Es ist nicht so, dass es keine ebenen Flächen gibt, aber wenn dort keine störenden Steine liegen, dann ist es mehr eine Sumpfwiese als ein Zeltplatz. Oben am Pass sieht es verlockend aus, aber auf dem Sattel steht ein männliches Rentier und scheint wenig begeistert von mir zu sein. Es hat ein mächtiges Geweih und gibt mir mit einem Schnauben zu verstehen, dass es der Platzhirsch ist. Ui, sowas hatte ich auch noch nicht. Ich bleibe auf dem Weg stehen und warte ab was da kommt. Wir glotzen uns an. Zum Glück ist es kein Hund und so setzt sich der Renhirsch in Bewegung und flüchtet Richtung See. Auch ich setze meinen Weg fort und nähere mich See 979. An seinem Westufer liegt eine große Grasfläche, aber es weht hier oben ein recht kalter Wind. Schließlich werde ich am Nordufer fündig. An einem Hügel ist der Grund eben, trocken und eine Bodenwelle gibt Windschutz. Der Untergrund ist nicht für Starkregen geeignet, aber der Wetterbericht sieht immer noch gut aus. Es ist schon nach 18 Uhr, und je später der Tag je weniger Anspruch stelle ich an den Zeltplatz.
Vaimok Hütte
Lage: Nordkalottleden, am See Vájmok
Lat/Long: 67°2'49" N, 16°53'4" E
Anzahl Betten: 26-50
Proviantverkauf: nein
STF Vaimok Fjällstuga (Betreiber: STF Svenska Turist Foreningen)
11.2023