Auf Rentierpfaden durch den Sarek ins Padjelanta
Trekkingtour von Suorva über Stáloluokta und Pieskehaure nach Kvikkjokk

14. Tag: Viejevágge · Silbbatjåhkkå Gruvområde · Råvebuollda · Renvaktarstuga · Råvejávrre

Zum Silbbatjåhkkå und Råvejávrre

Vom Viejevágge auf den Pass östlich des Jiegŋáffo

Für heute stehen die Silberminen am Silbbatjåhkkå auf dem Programm und enden soll der Tag am Sandstrand vom Råvejávrre. Damit ist die Strecke deutlich länger als die letzten Tage. Als ich um 7:30 Uhr aus dem Zelt schaue, sehe ich vom vorhergesagten schönen Wetter noch nichts. Die Sicht im Viejevágge ist sehr bescheiden, da die Wolken noch recht tief hängen. Im Wolkennebel wandern ist nicht so schön, besonders da ich keinem Weg folgen kann, sondern mir selber einen suchen muss. Ich lasse den Tag also ruhig angehen und warte bis sich die Wolken etwas lichten. Gegen 10 Uhr sind Pass und der Berg 1208 wolkenfrei. Viele Höhenmeter erwarten mich nicht und so wandere ich einfach mal der Nase nach los. Vor mir liegen im Hang noch einige Zuflüsse des Viejejåhkå, welche alle in kleinen Schluchten fließen. Sie stellen bei dem trockenen Sommer kein Problem dar und ich treffe sogar regelmäßig auf Pfade. Ich steige langsam und stetig über die Heideflächen auf.

Als ich die 1020 Höhenmeter-Linie erreiche, blicke ich noch einmal das Viejevágge entlang und sehe in der Ferne ein vorletztes Mal den Virihaure. Mein Magen verlangt nach seiner täglichen Ration Knäckebrot. Trotz Müsli zum Frühstück, habe ich schon wieder Hunger. Es weht zwar ein kalter Wind, aber in der Sonne lässt es sich aushalten. Nach kurzem Zwischenhalt steige ich weiter auf. Der Jiegŋáffo versteckt sich leider in den Wolken. Die Landschaft wird nun felsiger, aber dazwischen findet sich genug Gras um bequem gehen zu können. Als ich mich dem Sattel nähere, treffe ich auf einen ausgetretenen Pfad. Dieser führt mich zwischen Felsen und kleinen Seen entlang Richtung See 1052. Ich vermute, dass er zur Renvaktarstuga, welche zwischen Råvebuollda und Råvejávrre liegt, führt.

Ich habe den See bereits fast passiert, als der Pfad zu meiner Überraschung die Richtung ändert und auf einen kleinen Bergausläufer führt. Neben der deutlich ausgetretenen Fußspur entdecke ich auch frische Spuren einer Geländemaschine. Oben angekommen, kann ich bis zur Bergkette am Tsäkkok sehe. Silbern schimmert im Gegenlicht ein See. Das müsste das westliche Ende des Råvejávrre sein. Statt geradeaus auf den See zu, muss ich nun aber weiter nach Osten am Berg 1208 entlang. Ich passiere einen Tümpel und kann nun über das Hochplateau blicken.

Über das Hochplateau zum Silbbatjåhkkå

Ich will zwischen See 1038 und Berg 1180 entlang zur Gruvomrade am Silbbatjåhkkå gelangen. Nur welcher der runden Gipfel ist der 1385 hohe Silbbatjåhkkå? Sowie markante Landschaftsmerkmale fehlen, ist die Orientierung im hügeligen Gelände schwieriger. Zumal ich mit einer Karte im Maßstab 1:100 000 unterwegs bin. Die Richtung muss ja stimmen, also weiter der Nase nach.

Der Boden wird feuchter. Ist das schon das Sumpfgebiet? Dann aber wird die Lage klarer. Zur Linken erstreckt sich ein farbenfrohes Feuchtgebiet und zur Rechten sehe ich den See 1038. Vor mir geht es eine Felswand steil hinab zu einem Flussbett. Das ist nun etwas unerwartet. Während ich am Abgrund stehe und die Lage checke, ergreifen zwei Rentiere die Flucht. Am See liegen weitere Tiere in der Sonne. Ein Stückchen weiter kann ich problemlos absteigen. Kaum stehe ich unterhalb der Wand, kommen die beiden Rentiere wieder angelaufen und halten erschrocken an, als sie mich sehen. Tja, warum kommt ihr wieder angerannt? Das eine Rentier hat eine weiße Schnauze und als ich sie mit "na du Süße" anspreche, schaut es mich an, als würde es mich verstehen. Generell versuche ich Rentiere nicht zu stressen und gebe ihnen die Zeit sich zu entfernen. Nun aber stehen wir alle da und warten darauf, was der andere tut. Zumal ich in die gleiche Richtung wandern will und Rentiere dazu neigen den Wanderer auf der Flucht von hinten wieder zu überholen. So ganz geheuer bin ich ihnen nicht und so trotten sie schließlich an mir vorbei Richtung See.

Für mich geht es weiter an der Südflanke des Berges 1180 entlang. Vorbei an kleinen Seen folge ich einem Bach aufwärts und lande schließlich am Fuße des Silbbatjåhkkå, direkt unterhalb des, als Gruvområde in der Karte eingezeichneten, Bereichs. Dieses Gebiet beginnt am Bergsattel zwischen den beiden Gipfeln und endet im Hang unterhalb. Wo genau die Silberminen und die Ruinen sind, kann ich der Karte nicht entnehmen. Ich erinnere mich jedoch, von Ruinen am Sattel gelesen zu haben. Bis dorthin sind es rund 1,5 Kilometer und 200 Höhenmeter. Ich packe meinen kleinen Tagesrucksack und deponiere den großen Rucksack gut sichtbar am Felsen. Dann quere ich den Fluss und folge ihm hangaufwärts Richtung Gruvområde. Während des Aufstiegs kann ich wieder das Viejevágge entlang blicken bis zu den norwegischen Bergen. Ich vermute, dass ich auch auf direkten Weg hätte gehen können.

Silbbatjåhkkå Gruvområde

Die Sonne scheint und Spuren einer Mine oder gar Siedlung sehe ich erst einmal nicht. Ich bin schon fast oben, als ich aufgeschichtete Steine sehe. Das Bauwerk hat einen rechteckigen Grundriss und ist zirka einen halben Meter hoch. Als ich davor stehe, stelle ich fest, dass es keine Mauerreste sind, sondern das es sich eher um ein Fundament oder Podest handelt. Etwas weiter finde ich die ersten Gruben, in denen im Tagebau Erz, welches Bleiglanz mit einem Silberanteil von bis zu 0,28 % enthält, abgebaut wurde. Eines der Löcher ist mit Wasser gefüllt. Dieses war eines der Hauptprobleme, beim Abbau des Erzes. Denn kaum begann im Sommer die Schneeschmelze, füllten sich die Löcher mit Wasser und mussten für Sprengungen leer geschöpft werden.

Der Bergbau begann im Sommer 1661. Während Soldaten das Erz abbauten, wurden Sami mit ihren Rentieren gezwungen das Gestein zur Schmelze nach Kvikkjokk zu transportieren. Der Weg führt hinab nach Darreluoppal und von dort über den Präststigen nach Kvikkjokk. Viele Sami flohen mit ihren Tieren nach Norwegen. 1702 wurde der Bergbau eingestellt.

Erst um 1890 gab es wieder einige Tätigkeiten, aber es ist nicht klar, ob auch wieder Erz angebaut wurde. Etwas abseits der Gruben befinden sich einen Meter hohe Mauerreste mit einer Türöffnung. Innen lehnen verrostete Werkzeuge (Hammer, Schaufeln und Eisenstangen) an der Wand und in der Ecke steht ein gusseiserner Ofen. In einer Mauernische liegt sogar ein alter Schuh mit Spikes. Auf dem Ofen steht J. & CG Bolinder, Stockholm. J. & C. G. Bolinders Mekaniska Verkstad wurde erst 1844 gegründet und somit ergibt sich, dass dieser aus der zweiten Phase stammt.

Da es bis zum Gipfel des nur noch 60 weitere Höhenmeter sind, wollte ich eigentlich die Gelegenheit nutzen und auf den Silbbatjåhkkå besteigen. Allerdings macht mir das Wetter einen Strich durch die Rechnung. Eben schien noch die Sonne, nun fängt es an zu regnen. Vom Sattel kann ich Richtung Sarek schauen und von dort ziehen pechschwarze Wolken auf. Das war es also mit der schönen Aussicht. Ich ziehe die Regenjacke an, bewundere kurz noch den Regenbogen und steige wieder ab. Auf halber Strecke scheint wieder die Sonne.

Über den Råvebuollda zum Råvejávrre

Nach zwei Stunden bin ich wieder mit meinem Rucksack vereint. Ich packe ein, esse etwas und beginne mit dem Abstieg zum See Råvejávrre. Dafür wandere ich östlich am Berghang Råvebuollda vorbei. Wieder stoße ich auf frische Spuren des Geländemotorrads. Ein Lufthauch trägt den Geruch von einem Holzfeuer mit sich. Vielleicht ist an der Renvaktarstuga ja jemand. Das Gelände ist einfach zu gehen. Die Sicht nach vorne wird vom Gebirgszug zwischen Tsäkkok und Fierro begrenzt. Teile des Råvejávrre kann ich sehen.

Um 17:30 erreiche ich die verschlossene Renvaktarstuga. Ich kann nun einem Pfad Richtung Råvejávrre folgen. Eine halbe Stunde später, kurz vor dem steilen Abstieg hinab zum See, verlasse ich den Padjelanta Nationalpark. Ohne GPS würde ich es nicht wissen, denn es gibt keine Markierung. Am Berghang Tjågebuollda ist es noch einmal steiler. Die Füße schmerzen und ich freue mich auf einen schönen Zeltplatz. Endlich kann ich den Sandstreifen am Ostufer sehen. Zu meiner Freude steht dort kein Zelt.

Als ich endlich unten am Seeufer des Råvejávrre bin, gibt es doch noch ein Hindernis zu überwinden. Der Fluss aus dem Sumpf oberhalb vom Tjågebuollda, stürzt über einen Wasserfall hinab zum See. Vor der Mündung liegen zwar einige Steine im Wasser, aber nicht genug um in Wanderschuhen ans andere Ufer zu kommen. Auf ein abendliches Fußbad habe ich nicht wirklich Lust. Es sieht aber nicht gut aus und so gebe schnell auf und wechsel in die Crocs. Am anderen Ufer fülle ich gleich noch meine Wasserbehälter auf und gehe die letzten 300 Meter am schmalen Sandstreifen entlang.

Am Ostufer des Råvejávrre befindet sich ein breiter Sandstrand, der im oberen Bereich bewachsen ist und sich gut zum Zelten eignet. Direkt am Strand baue ich somit das Zelt auf. Ein schöner Platz mit Blick über den See. Nur leider steht das Zelt schon bald im Schatten. Ein schnelles Cous-Cous in Pfefffersauce als Abendessen und dann liege ich auf meiner Luftmatratze im Zelt und schaue mir durch den Zelteingang die farbigen Wolkenspiele beim Sonnenuntergang an.

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