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15. Tag: Råvejávrre · Naturfelsbrücke · Gállovárásj · Kallovaratjehs Naturreservat · Gállojávrre · Gállojåhkå

Kallovaratjehs Naturreservat

Natürliche Felsenbrücke am Råvejávrre

Nachts waren noch die Sterne am Råvejávrre zu sehen, am Morgen ist es erst einmal bewölkt mit Hoffnung auf späteren Sonnenschein. Für heute stehen die natürliche Felsenbrücke am Ausfluss des Råvejávrre und das Kallovaratjehs Naturreservat auf meinem Programm. Anschließend will ich zum Nordkalottleden absteigen, um weiter Richtung Pieskehaure zu wandern.

Gegen halb acht scheint die Sonne das erste Mal aufs Zelt. Ich habe wirklich Glück mit dem Wetter. Ich frühstücke mit Blick auf den See und packe ein. Die Naturbrücke war, neben der Silbermiene am Silbbatjåhkkå, der Grund, die Wanderroute so zu legen, und so beginnt der Tag gleich mit einem Highlight. Gegen 9:15 komme ich los und wandere am Ostufer zum Seeausfluss. Das klare Wasser strömt durch einen natürlichen Kanal direkt auf einen Felsen zu, der die Hauptströmung überspannt. Bei der Vorbereitung hatte ich bei der Suche nach der Naturbrücke das Satellitenfoto betrachtet und es sah es so aus, als ob dieser Felsen nicht ganz ans andere Ufer reicht. Das triff auch zu, aber der Wasserstand ist auf der anderen Seite so niedrig, dass ich über ein paar Steine ans Ufer komme. Bevor ich aber die Brücke erklimme, schaue ich mir noch die Felsen auf meiner Seite an. Hier gibt es eine Art Höhle. Jemand hat den Felsen mit Steinen abgestützt um vermutlich sicher unter dem Felsendach schlafen zu können.

Durch das Seen-Labyrinth

Nun warten Hügel und Seen auf mich. Dazwischen sind Steilwände und ich war mir beim Kartenstudium nicht sicher, was der beste Weg durch das Labyrinth ist. Um es einfach zu halten, will ich nördlich der Seen und südlich des Gállovárásj entlang versuchen zum Gállojávrre im Kallovaratjehs Naturreservat zu gelangen. Nachdem ich die ersten Meter an Seeufer entlang wandere, steige ich, als das Ufer steil wird, zu einem kleinen See auf 960m auf. Hier stoße ich auf einen Pfad, dem ich aber nur kurz folge. Ich halte nun auf dem Gállovárásj zu, der sich hinter den nächsten Hügel erhebt. Schon von weiten sehe ich, dass ich den nächsten See nicht nördlich queren kann, da die Felswand bis zum Seeufer steil abfällt. Dafür ist der Abfluss einfach zu überschreiten.

Für mich geht es über Grasflächen weiter ans nördliche Ende des Sees 929. Einige Seevögel sind von meiner Nähe wenig begeistert und tun ihren Unmut lautstark kund. Am Nordufer gibt es ein kurzes matschiges Stück, dass ich über Felsen verlassen kann. Es ist 11 Uhr und ich mache eine Pause. Während ich das sitze und mein Knäckebrot knabbere, höre ich einen schrillen Ton. Etwa eine Signalpfeife? Und ist das nicht ein Rufen? Komisch. Ich blicke den See entlang in die Richtung, woher der Wind kommt. Wieder, dieser schrille Ton. Braucht da drüben jemand Hilfe oder sind das Vögel? Ich schaue durch meinen Kamerazoom und kann niemand entdecken. Ich winke. Wieder der Pfiff und Ruf wie zuvor. Es dauert etwas bis mir auffällt, das Rufen und Pfeifen gleichzeitig schlecht geht. Natürlich will ich niemanden, der in dieser abgelegenen Gegend Hilfe benötigt, einfach so zurücklassen, aber mit jedem Geräusch werde ich mir sicherer, dass es sich um Vögel handelt. Ein komisches Gefühl bleibt, als ich einpacke und weiter wander. Die Frequenz des Pfeifens ändert sich. Da hat mich wohl die ganze Zeit ein Ljungpipare (Goldregenpfeifer) verarscht. Und das komische Rufen dürfte dagegen von den Seevögeln sein.

Ich steige nun in einem kleinen Tal auf. Ich wandere über Wiesen, in denen sich ein kleiner trockener Bachlauf windet. Es ist wunderschön hier und die komischen Vögel sind auch verstummt. Das Bachbett führt mich fast automatisch über den nächsten Höhenzug zum nächsten See. Von oben kann ich hinab zum See und zum nächsten Hindernis blicken. Diesmal muss ich einen Ausläufer des Gállovárásj queren. Mich erwartet vor allem eine Steilwand. Soll ich am See entlang oder den Gállovárásj nördlich umgehen? Oder doch den Steilhang irgendwo hoch. Gegenüber sieht es doch gar nicht so schlecht aus. Über Grasmatten kann ich fast bis nach oben gelangen. Das Gelände ist zwar steil, aber an der oberen Felswand, komme ich gut entlang. Da sehe ich über mir eine Stützmauer aus Steinen und stehe wenig später oben. Oben erwartet mich um einen kleinen See eine Ebene. An der einen Seite schimmert Öl durch das Wollgras.

Der Abstieg ist zum Glück deutlich einfacher. Über Grasflächen steige ich ab. Am Fuß des Gállovárásj liegt ein größeres Feuchtgebiet. Ich passiere die farbenfrohe Fläche auf höheren Grund. Dort treffe ich auf ein großes, unbeschädigtes Geweih. Eine Wandertrophäe zu groß für den Rucksack. Ein Foto muss reichen.

Kallovaratjehs Naturreservat

An der Südflanke des Gállovárásj entlang passiere ich die zwei kleinen Seen und erreiche das rund 22 km² große Kallovaratjehs Naturreservat, welches südlich von Háddotjãvrre und Råvejávrre liegt und 1970 ausgerufen wurde. Das kalkhaltige Grundgestein bietet eine reiche Flora. Ursprünglich waren die Seen fischlos, was zu einer interessanten Besiedlung von wirbellosen Tieren führte. Jedoch wurden in fast allen Seen Fische ausgesetzt, welche die Artenvielfalt beeinträchtigt haben. Der Gállojávrre ist der größte dieser Seen. Um ihn endlich erblicken zu können muss ich einen kleinen Hügel erklimmen. Ich schrecke dabei ein Alpenschneehuhn auf. Das erste dieser Tour. Besonders spektakulär ist der See nicht. Der Gipfel des Jiegŋáffo steckt auch heute in den Wolken.

Es wird langsam Zeit für die Mittagspause und so wandere am Seeufer entlang, um einen schönen Platz zu finden. Die Sonne versteckt sich hinter Wolken und es weht ein kalter Wind.​ Vor mir kommt das Sulitelma-Massiv mit seinen Gletschern in Sicht. Bevor ich den Gállojávrre verlasse, packe ich den Kocher aus und koche mir Wasser für eine Portion Tomaten-Cous-Cous. Erst als ich einpacke, kommt die Sonne wieder heraus.

Vom See folge ich nun dem Gállojåhkå am Südufer entlang hinab ins Tal. Da dieser vom See 928 gespeist wird, führt meine Route über den Zufluss aus dem See 967. Der Fluss pläschert munter zwischen Steinen hinab. Direkt an der Einmündung verbreitert sich das Flussbett und ich kann ihn bequem über die kleinen, trockenen Steine queren. Auch der Bach vom Sees 965 hat ordentlich Wasser und schlängelt sich im schmalen Bett über die Wiesen. Einige der flachen Steine liegen unter Wasser und sind mit rutschigen Algen bedeckt. Aber so einem kleinen Wiesenbach gibt es auch für mich, mit meinen kurzen Beinen, immer einen Trittstein um ans andere Ufer kommen.

Ich wandere nun mit etwas Abstand am Gállojåhkå entlang. Dieser wird vom Nordkarlottleden unten im Tal in der Nähe einer Renvaktarstuga gequert. Ich wandere nun direkt auf den Miehtjerbákte und Stuorrajiegŋa-Gletscher des Sulitelma-Massivs zu. Der Gállojåhkå fließt ähnlich dem Viejejåhkå durch Felsen, allerdings nicht in so tiefen Canyons. Trotzdem sind diese Felsenabschnitte interessant. Das Wasser fließt quasi in breiten Felsenrinnen und ich bin ganz froh mir hier keine Furt suchen zu müssen.

Am nordwestlichen Bergausläufer des Tsäkkok

Auf rund 900 Meter Höhe flacht das Gelände ab. Ich orientiere mich nach Südwesten und verlasse damit den Gállojåhkå und wenig später auch das Kallovaratjehs Naturreservat. Es ist schon 16:40 und so suche mir am nordwestlichen Bergausläufer des Tsäkkok einen Zeltplatz. An einem Bach werde ich fündig und baue das Zelt mit Blick auf das Sulitelma-Massiv auf. Ich kann ins Tal des Gãjssegiesjjåhkå blicken und sehe die Ausläufer des Kaisekietj-tjåkkåh. Nach Südwesten sind die Gipfel Nuortta und Årjep Sávllo zu sehen. Kaum habe ich mich eingerichtet, kommen Rentiere vorbei und checken die Lage. Durch das frühe Ende, reicht die Zeit um die veganen Frikadellen quellen zu lassen. Dazu gibt es wieder Kartoffelpüree und geschmorte Zwiebeln. Noch einmal Tee kochen und dann ist die 450g-Kartusche leer. Zum Sonnenuntergang erwartet mich ein fast wolkenfreier Himmel.

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