Auf Rentierpfaden durch den Sarek ins Padjelanta
Trekkingtour von Suorva über Stáloluokta und Pieskehaure nach Kvikkjokk

6. Tag: Vuojnesvárásj · Bierikjávrre · Bielajávrátja · Vuojnesvárásj

Durchs Bierikdalen zum Tjåggŋågrisjågåsj

Durch das Bierikdalen

Der Tag begrüßt mich mit einem kalten Wind und Sonnenschein. Aufstehen, frühstücken und dann Einpacken. Die Morgenroutine der Trekkingtour läuft schon wieder von selbst. Rund 90 Minuten brauche ich ungefähr, wenn ich alles ganz gemütlich mache. Meine Socken vom Vortag sind noch klitschnass und so stülpe ich sie über meine Wanderstücke und hoffe sie werden beim Wandern durch den Wind getrocknet. Der Tjåggŋårisjågåsj im oberen Rapadalen ist das heutige Ziel. Die zweite schwierige Furt meiner Wanderung erwartet mich dort.

Ich steige vom Pass schräge ins Bierikdalen ab und peile den deutlich sichtbaren Pfad im Talgrund an. Er ist recht ausgetreten und somit von weiten zu sehen. Im Hang äst eine Gruppe Rentiere und als sie mich bemerken orientieren sie sich ebenfalls talwärts. Ich folge langsam über grüne Wiesen. Da ich den Pfad nun nicht mehr sehe, peile ich den Bierikjåhkå an und gelange so auf den deutlichen Trampelpfad. Es dauert nicht lange und ich passiere die drei Schweden vom Vortag. Bei ihnen ist heute Trockentag, denn offensichtlich sind gestern am Vuojnesjågåsj nicht nur die Socken nass geworden. In der Ebene weiden weitere Rentiere und bieten einige Fotomöglichkeiten. Die Schneedecke auf dem Bierikjiegŋa und seinem kleinen Nebengletscher ist zum großen Teil geschmolzen, so das das blanke, bläulich schimmernde Eis sichtbar ist.

Mir kommen zwei schwer bepackte Schweden entgegen. Einer hat die Karte um den Hals hängen. Sie wollen nach Saltoluokta zur Fjällstation. Als ich ihnen erzähle, ich wolle nach Staloluokta, fragen sie erst einmal nach. Offensichtlich haben sie Saltoluokta verstanden, aber da ich für 20 Tage essen dabei habe, wird die Richtung schnell klar. Sie sind insgesamt 14 Tage unterwegs. Einer der beiden begutachtet meine Socken und ich stelle fest, dass der Wind schon gute Arbeit geleistet hat. Der einzige Nachteil ist der Geruch... Wir verabschieden uns mit einem ha det bra und ziehen unseres Weges.

Noch immer weht ein kalter kräftiger Wind von vorne und ich freue mich über jeden Sonnenschein, der zwischen den Wolken zu mir durch dringt. Die Bäche sind alle einfach zu überschreiten. Ich passiere den markanten kleinen Berg Bierikvárásj in der Talmitte. Kurz vorm Bierikjávrre muss ich den Gletscherfluss aus dem Sarvajiegnja überqueren. Ich erinnere mich, dass ich 2015 etwas suchen musste, bis ich eine Stelle mit Trittstein gefunden hatte. Diesmal bringt mich der Pfad zu einer Stelle, an der sich das milchige Wasser teilt und statt in einer Rinne über kleinere Kiessteine fließt. Ich schaue ein bisschen und finde dann die passenden Trittsteine um trockenen Fußes ans andere Ufer zu kommen.

Am Ufer des Bierikjávrre entlang

Damit habe ich den Bierikjávrre erreicht und bei einem Blick auf die Uhr stelle ich fest, dass ich am anderen Ende wohl die Mittagspause machen könnte. Dazwischen liegt noch ein Blockfeld, wenn ich mich richtig erinnere, und das will ich vorher noch überwinden. So der Plan und die Sonne lacht dazu. Nach rund einer Stunde gemütlichen Wanderns mit einigen Fotostopps erreiche ich das Blockfeld, über dem sich Anfang August 2015 noch ein großes Schneefeld ausbreitet. Davon ist in diesem Jahr nichts übrig geblieben. Mehrere kleine Steinmännchen sehe ich, nur welchen soll ich folgen? Ich erinnere mich es damals einfach am Ufer passiert zu haben und folge einem Stieg zum Ufer. Hier sind die Steine flacher und im Grünen dazwischen erkenne ich immer wieder einen Pfad.

Trinkwasser und Windschutz gilt es nun zu finden, denn der kalte Wind weht immer noch kräftig von vorne. Beides finde ich, nachdem ich die Steilwand passiert habe. Im Windschatten eines Hügels packe ich meinen Kocher aus und erleichtere meinen Rucksack um einen Tomaten-Cous-Cous. So im Windschatten in der Sonne sitzend, kann man es gut aushalten. Die Pause wird etwas länger als gedacht. Als ich schon wieder einpacke, kommt ein Wanderer vorbei, der heute noch zur Brücke über den Guhkesvákkjåhkå. Er fragt mich, ob das möglich sei und da ich ja eher langsam unterwegs bin bejahe ich die Frage.

Bielajávrátja

Am westlichen Ende das Bierikjávrre gibt es einen tollen Einblick ins Basstavágge. Auch hier ist der Gletscher im Soabbevágge überwiegend schneefrei. Wie lange es ihn wohl noch geben mag? Der ausgetretene Pfad folgt zwar weiter der Höhenlinie, geht ab ständig auf und ab über all die kleinen Hügel. Nachdem ich den Bierikjávrre nun hinter mir gelassen habe kommt der Bielajávrátja mit der Pielastugan in Sicht. Ich werde von zwei Wanderern mit Ultraleichtgepäck überholt. Sie haben einen dritten im Schlepptau, der keuchend mit deutlich schwereren Gepäck versucht hinterher zu kommen. Im ersten Augenblick ist es nicht klar, ob sie zusammen gehören, aber alle drei biegen nach Süden ab, um zum Bielajåhkå zu gelangen. Da schon wieder eine Stunde rum ist, setzte ich den schweren Rucksack ab und esse eine Kleinigkeit im Windschatten. Die drei queren den Bielajåhkå auf meiner Höhe unterhalb des Seeausflusses. Am anderen Ufer ist eine deutliche Spur in der Wiese zu sehen. Ich bin mir jedoch sicher den Fluss damals weiter unterhalb gequert zu haben und dann nach Süden zum Hügel Bielavárásj gewandert zu sein.

Als ich weiter wandere sitzen die drei noch an der Furt und dürften mich nun beobachten, wie ich mich langsam gegen den ermüdenden, kalten Wind vorankämpfe. Noch rund drei Kilometer sind es bis zum Tjåggŋårisjågåsj. Die Endung -jågåsj bedeutet kleiner Bach, was jedoch nichts über die Schwierigkeit der Querung aussagt. Der Gletscherfluss fließt in einer Rinne mit großen Steinen und seine Querung kann durchaus schwierig sein. Im Süden kommt der Lådebákte mit jedem Schritt mehr in Sicht. Und im Norden kann ich schon den Skárjátjåhkkå und das Gouhpervágge mit dem Guopher ausmachen. Zwei weitere Wanderer mit Tagesgepäck kommen mir entgegen. Hier im Herzen des Sareks nehmen sich vielen einen Ruhetag und erkunden die Täler. Es scheinen Vater und Sohn zu sein. Und wenn ich hier noch wandern kann, wenn ich so alt bin die der ältere Herr, dann Hut ab.

Furt am Tjåggŋårisjågåsj

Weit kann es nicht mehr sein. Aber es zieht sich doch. Inzwischen kann ich im Süden den Einstieg ins Snávvávágge sehen. Es sieht von hier fast unmöglich aus, dass dort ein Pfad entlang führt. Nur langsam nähere ich mich dem Tjåggŋårisoalgge. Davor fließt der Tjåggŋårisjågåsj ins Tal. Inzwischen kann ich im Einschnitt den von der Sonne angestrahlten Gipfel des Tjåggŋaris sehen.

Und dann stehe ich am Tjåggŋårisjågåsj und denke Ohaua haua ha! Wie soll ich da durchkommen?

Das graue Wasser stürzt über einen Wasserfall in die Tiefe und fließt dann in einer Rinne nach unten. Etwas unterhalb verzweigt er sich auf einem kurzen Stück in zwei Arme und hier stehen mutig Steinmännchen. Egal ob Tjågŋårisjåhkå, Tjåggŋårisjåhkå, Tjåggŋårisjågåsj oder Tjågŋårisjågåsj diese Furt wird häufig als schwierig bezeichnet, besonders nach Regenfällen und sonnigen Tagen. Auf dem Foto wirkt die Furt oft leichter, als wenn ich davor stehe. Dieser Fluss hat alles, was eine Furt schwer macht. Viel Wasser auf wenig Breite, hohe Strömung und große Steine. Aufgrund des milchigen Gletscherwassers ist die Tiefe zudem nicht abschätzbar und Hindernisse am Grund nicht zusehen. Tja, was nun?

Ich entschließe mich das Zelt aufzubauen und morgen mal zu schauen. Traue ich mich dann weiterhin nicht durch, werde ich in den sauren Apfel beißen und zur Mündung absteigen. Dort teilt sich der Fluss in zwei Arme und soll leichter zu queren sein. Nun aber will ich einen schönen Zeltplatz mit Blick ins Rapadalen finden. Ich gehe den Pfad rund 400 Meter entlang des Flusses abwärts, als mir zwei Wanderer auffallen. Erst denke ich, sie haben den Tjåggŋårisjågåsj hier gequert udn beachte sie nicht weiter. Aber als ich mein Zelt in der Nähe aufbaue, sehe ich das sie auf meine Seite wollen. Auch hier teilt sich der Fluss in zwei Arme. Am Arm auf der anderen Seite steht ein Steinmännchen und dort reicht das Wasser nur harmlos über den Knöchel. Der Arm auf meiner Seite ist deutlich schwerer zu queren. Die Strömungsgeschwindigkeit ist hoch und das Wasser geht ihr bis zum Knie. Während er keine Probleme hat, kämpft sie mit einem großen Stein, der ihr im Weg liegt, aber schafft es dann auch. Die Querung sah jetzt nicht so unmöglich für mich aus.

Deutlich optimistischer baue ich das Zelt fertig auf. Anschließend schaue ich mir nochmal den Arm an meiner Seite an und finde eine Stelle etwas unterhalb, die mir einfacher aussieht. Zeit fürs Abendessen. War mir der Tjåggŋårisjågåsj erst einmal auf den Magen geschlagen, so habe ich nun richtig Hunger auf Spaghetti mit Shrimps in Sahnesoße. Danach noch einen Cappuccino mit Ausblick auf den Ráhpajåhkå und meine Welt ist in Ordnung. Am Abend werden noch die umgebenen Berggipfel rot angestrahlt und das Wetter soll auch morgen schön sein verspricht der inReach-Wetterbericht.

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