Am Álájávrre entlang
Das schöne Wetter ist erst einmal vorbei. Ich liege im Schlafsack und höre den Regen auf das Zelt prasseln. So richtig losgehen, soll es aber erst am Nachmittag. Als der Regen um 7:30 nachlässt, frühstücke ich schnell und kann sogar ein fasst trockenes Zelt einpacken. Während die Gipfel des Sareks noch zu sehen sind, sind die norwegischen Berge im Wolkendunst verschwunden. Und in diese Richtung werde ich heute leider wandern. Der Álájávrre liegt fast spiegelglatt da und für schlechtes Wetter sieht es noch alles gut aus.
Musste ich gestern noch einige Wasserrinnen queren, so kann ich heute überwiegend über Wiesen wandern. Dazu gehe ich etwas höher, auf ca. 950 Meter Höhe, statt direkt am Seeufer entlangzuwandern. Auf der Hälfte der Seelänge passiere ich eine Gruppe, die ihr Lager am Ufer aufgeschlagen hat und gerade einpackt. Vor mir sind zwei weitere Wanderer abmarschbereit und wandern nun vor mir her. Auch wenn wir dasselbe Tempo haben entschwinden sie mir irgendwann. Am westlichen Ende reicht die Südflanke des Álátjåhkkå bis an das Seeufer. Ich orientiere mich zum Seeufer und kann direkt am Wasser entlang wandern. Zum Abschluss geht es hinauf zu einer typischen Renvaktarstuga.
Renvaktarstuga und Rentierzaun am Álájávrre
Um 11:20 erreiche ich die verschlossene Renvaktarstuga. Sie dient den Sami zum Übernachten und Aufwärmen, wenn die Rentierherden zusammen getrieben werden und sind sonst immer unbewohnt. Die viereckige Holzhütte und auch das Toilettenhäuschen sind an den Ecken mit Stahlseilen am Boden befestigt um auch den Winterstürmen trotzen zu können. Inzwischen regnet es wieder und so verkneife ich mir die Pause und gehe gleich weiter.
Von hier gibt es zwei typische Routen nach Stáloluokta, nördlich oder südlich des Unna Liemak entlang. Egal welche man wählt, es muss noch ein Rentierzaun überwunden werden. Ich hatte mich bei der Planung für die Nordroute entschieden. Unweit der Hütte startet ein Flusslauf, der später zum Árasjåhkå wird. Wo Zaun und Fluss aufeinander treffen erhoffe ich mir eine einfache Möglichkeit der Querung. Zumal ich auf dem Satellitenfoto in unmittelbarer Nähe einen orangen Punkt entdeckt hatte, in genau derselben Farbe, wie die Stangen am Durchlass am Tjåggŋårisjåhkå.
Ich folge den Fluss nahe der Renvaktarstuga am südlichen Ufer abwärts. Immer wieder treffe ich auf einen Trampelpfad und verliere ihn wieder. Wieder gilt es Rinnen, die das Gelände durchziehen, wie Berg und Tal zu queren. Von weiten sehe ich schon die leuchtenden Stangen, die den Zaun über den Fluss ersetzen und damit einen einfachen Durchgang ermöglichen. Kurz vorm Zaun erreiche ich in Ufernähe eine Abbruchkante, unterhalb der eine ebene Fläche liegt. Es sind keine Spuren zu sehen und als ich den ersten Schritt mache, merke ich, dass ich einsinke. Ich vermute, dass diese Kante bisher durch den Permafrost standhielt, nun aber nicht mehr gefroren ist. Das Wasser sickert heraus und bildet diese Schlammfläche. Ich quere sie lieber auf Trittsteinen und das geht ganz gut. Den Rentierzaun kann ich wie erhofft am Ufer durch den Durchlass passieren. Das ist mir deutlich lieber als irgendwo im nassen Gras unterdurch robben zu müssen.
Im Regen am Unna Liemak
Vor mir liegt nun eine sumpfige Fläche. Diese stellt sich trotz des nächtlichen Regens als recht trocken heraus. Sodass ich sie zwar südwestlich umwandere, aber auf der Grasfläche bleiben kann. Der Unna Liemak ist so zügig erreicht. Wolken umschlingen ihn und ich wandere zwischen glatten Felsen, Feuchtwiesen und Heidekraut auf derselben Höhe entlang. Wirklich sehen, wo ich lang gehe, tue ich im Wolkennebel nicht. Als eine trockene, ebene Fläche kommt, nutze ich die Gelegenheit und baue das Zelt auf.
Es ist zwar erst 13 Uhr, aber im strömenden Regen zu wandern, macht mir nach den schönen Tagen nicht wirklich Spaß. Vor allem kann ich schlecht die Route vorausplanen, da ich im Wolkennebel keine 100 Meter weit schauen kann. Ich hole an einem nahen Bach Wasser und mache Mittagspause. Dann folgt ein Cappuccino mit Haferkeks. Meine Gamaschen müssen repariert werden, da ich mir einen Riemen unter dem Schuh abgerissen habe. Der Nachmittag vergeht im trockenen Zelt schneller als gedacht und es wird Zeit fürs Abendessen. Heute gibt es Pasta mit Lachs. So einen Schlemmerabend habe ich mir verdient.
Leider kündigt das inReach für morgen weiteren Regen an, aber gegen Abend wird es vielleicht besser. Die Wolken ziehen von Norden vorbei und regnen sich an der Nordflanke des Unna Liemak ab. Strategisch günstig habe ich den Zeltplatz nicht gerade gewählt. Zumal ich es kaum schaffen werde bis 12 Uhr in Stáloluokta zu sein und Parfas Kiosk erst um 16 Uhr wieder öffnet. Vielleicht komme ich aber doch früh genug los. Mal schauen was der morgige Tag bringt.
Renstängsel von Árasluokta bis Vássjábákte
Der Rentierzaun (renstängsel) verläuft zwischen der Samisiedlung Árasluokta am Virihaure und dem Berg Vássjábákte am Njoatsosvágge. Er trennt auf 30 Kilometer die Gebiete der Jåhkågaska Tjiellde und Tuorpon Samen voneinander und stellt ein schwer zu überwindenes Hindernis da. Einzige Chance ist eine Stelle zum Unterdurchkrabbeln zu finden (häufig an Wasserläufen möglich) oder einen Durchlass:
- am Tjåggŋårisjåhkå: 67°15'55" N, 17°10'49" E
- an der Brücke Árasjåhkå: 67°22'13" N, 16°48'12" E
- westlich Álájávrre: 67°19'40" N, 16°56'6" E
10.2023