Morgens gibt es am Tjievrjávrre leichte Regenschauer, aber es hellt auf. Der Pårte lacht mich weiter an. Am Nachmittag soll es gut sein verkündet der aktuelle Wetterbericht. Spät starte ich Richtung meines auserkorenen Basecamps auf 1200 Meter unterhalb des Pårtetjåkkå Observatoriums. Ich muss den Sähkokjåhkå erneut queren, aber entschließe es nicht wieder über die Schneebrücke zu machen, sondern in gerader Linie nach Norden zu gehen. In der Nähe des geplanten Zeltplatzes sollte der Fluss so wenig Wasser haben, das ich hoffe eine Stelle zum Queren zu finden.
Um 13 Uhr mache ich mich auf den Weg. Es lässt sich gut gehen und ist weniger steinig als ich erwartete. Auf meiner Route stöbere ich einige Rentiere auf und stoße auf das erste Rentiergeweih. Vorbei an Farnen und Wollgras erklimme ich die Kuppe. Das Wetter sieht weiterhin gut aus. Blauer Himmel bestätigt meine Entscheidung es doch zu versuchen.
Als ich den Sähkokjåhkå oberhalb der Schlucht erreiche, hat der Fluss zwar wenig Wasser, aber die Ufer sind durch Restschnee schwer zugänglich. Ich gehe weiter flussaufwärts. Das Gefälle ist gering und das Wasser nicht tief, nur ran kommen tue ich nicht. Ich erreiche eine Schneebrücke, über die ich mich nach genauer Inspektion schließlich traue ans andere Ufer zu gehen. Nun noch einen Zeltplatz finden. Ich bin etwas oberhalb des avisierten Platzes am Fuße einer Bergschulter, aber zwischen vielen Steinen ist recht viel Gras. Nach einiger Suche finde ich einen ebenen Platz für mein Zelt.
Bevor ich mich an den Aufstieg mache, esse ich noch Kartoffelpüree und trinke Tee. Dann packe ich ein paar notwendige Sachen ein und gehe los. Es ist 15:30 Uhr. Etwas später als erhofft, aber bis zum Sonnenuntergang sind es noch 6 Stunden. Zum Pårtetjåkkå Observatorium lässt es sich am einfachsten vom Südosten her aufsteigen. Erstes Ziel ist eine Bergschulter, welche auf 1400 Meter Höhe ein Plateau bildet. Ich steige über die Ostflanke auf. Erst gibt es noch Grasflächen, dann wird es zunehmen steiniger. Über die Steine lässt es sich gut gehen, da sie fest liegen. Ich stroße auf Steinmännchen, denen ich folge.
Von der Bergschulter aus gehe ich weiter in Richtung des schmaler Grat am Gletscher Bårddejiegŋa. Dieser liegt auf 1700 Meter. Ich mache den Fehler und gehe nicht bis zum Grat, sondern lasse mich zu einer schrägen Linie über ein Schneefeld Richtung Hütte locken. Lässt es sich über das Schneefeld noch richtig gut gehen, lande ich später in größeren Steinen und zu weit im Westen. Von der Hütte sehe ich nichts, auch wenn ich fast auf dem Sattel bin. Der Gipfel des Bårddetjåhkkå ist leider in Wolken gehüllt. Ich gehe weiter nach oben und plötzlich sehe ich die rote Spitze des Hüttendaches in der Steinwüste rechts von mir. Nun weiß ich wohin und mit jedem Schritt sehe ich etwas mehr von dem Gebäude. Nach zwei Stunden Aufstieg stehe ich auf dem 1830 Meter hohen Plateau und habe die Hütte und die seltsamen alten Messinstrumente vor mir. Es erinnert mich eher an einen Raumfahrtbahnhof und nicht an eine Wetterstation. Deren moderne Ausführung ist auch vorhanden.
Das Observatorium wurde von Sarekforscher Hamberg errichtet, da es auf dem Gipfel des Bårddetjåhkkå zuviel Rauhreif gab, das kein Meteorograph funktionieren konnte. Hamberg stellte fest, das auf dem Plateau unterhalb des Gipfels die Rauhreifbildung bereits deutlich reduziert war und plante dort eine Wetterstation. Da im 1909 ernannten Sarek Nationalpark das Errichten von Gebäuden verboten war, musste er eine Sondergenehmigung einholen. 1911 wurde eine Hütte für zwei Meterologen errichtet, zu dessen Aufgaben es gehörte die Geräte zu warten und abzulesen. Zwischen 1914 und 1918 war sie permanent besetzt. Die Versorgung der Hütte erfolgte durch Träger aus Kvikkjokk und mit einer Zwischenstation an der Hütte am Boarekjávrre.
Da Wolken aufziehen, gehe ich zuerst zur nördlichen Seite des Plateaus um noch einem Blick auf den Gletscher Bårddejiegŋa zu erhaschen. Ich kann einen Großteil der Gletscherzunge sehen. Die Fernsicht wird leider durch eine Wolkenbank verhindert. Zeit etwas die historischen meterologischen Geräte anzuschauen. Diese haben so manchen Sturm und Winter über sich ergehen lassen und sind alle zerstört. Der Windturm steht etwas traurig da. Ursprünglich diente er, mit Anemometer und Fahne ausgestattet, der Messung von Windstärke und -richtung. Es sind die Reste von Thermometerhütten zu erkennen. Bei dem blechernen Ungetüm handelt es sich um die Reste eines Meteorografen. Dieser dient in der Regel der Aufzeichnung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Wind und Niederschlag.
Die Forschungshütte ist von außen in einem guten Zustand und verschlossen. Vom historischen Innenleben soll nichts mehr übrig sein. Ich mache eine Pause im Windschatten. Nach einer halben Stunde auf dem Plateau wird es Zeit wieder zum Zelt abzusteigen. Es ist schon 18 Uhr. Diesmal gehe ich über den Grat am Bårddejiegŋa. Ich treffe auf Steinmännchen und ein deutlicher Pfad durch die Steinwüste ist zu erkennen. Nachdem ich den Grat passiert habe, führen mit die Steinmännchen Richtung Bergschulter. Dann verlieren sich die Wegweiser. Ich bin nun auf der gleichen Route wie beim Aufstieg und erreiche um 20 Uhr mein Basislager.
Als Erstes gönne ich mir am Zelt eine Heiße Tasse Blåbär och Hallonsoppa. In der Zwischenzeit weiche ich den getrockneten Lachs ein, denn zur Feier des Tages gibt es Spaghetti mit Lachs in Sahnesauce. Ein kalorienreiches Essen auf das ich immer Appetit habe.
Bevor ich ins Bett gehe schaue ich auf die Karte. Am liebsten würde ich morgen bis zu den Seen auf 1220 Meter Höhe vor der Schlucht des Bálgatjåhkå kommen. Damit könnte ich vor dem richtig schlechten Wetter noch auf die Luohttoláhko-Ebene gelangen. Dazwischen liegt jedoch die tiefe Schlucht des Ruopsokjåhkå und im Sarek laufen die Dinge nicht immer so wie man sie plant. Ich kuschel mich in meinen Schlafsack und schlafe bald ein.