Früh morgens ist strahlend blauer Himmel über dem Njoatsosvágge. Der Svenonius Gletscher leuchtet in der Sonne und der Lulep Njoatsosjávvre liegt im Schatten des Tsähkkok. Ich bin begeistert von der guten Sicht. Es ist erst 5:30 Uhr. Kaum zu glauben, dass hier am Loamebuollda um 13 Uhr Nebel vorher gesagt ist. Ich bleibe noch etwas liegen und stehe dann doch um halb sieben auf.
In der Nähe der Renvaktarstuga unten am Ruopsokjåhkå steht ein oranges Zelt. Das dürften wohl die beiden Wanderer von gestern sein, die ich nach dem Pass nicht mehr gesehen habe. Ich mache ein paar Fotos von der tollen Landschaft und freue mich über meine Zeltplatzwahl. Über Nacht hatte ich die getrockneten Süßkartoffeln mit Apfel einweichen lassen. Nun erhitze ich sie kurz und esse sie mit Mandeln zum Frühstück. Wie immer gibt es einen Tee dazu. Dabei fange ich schon mal an die Sachen einzupacken.
Eine Stunde später ziehen tiefe Wolken von Süden in das Njoatsosvágge. Das Wolkenband schiebt sich unter mir durchs Tal. Um 8 Uhr komme ich los. Ich gehe rund 100 Höhenmeter hoch auf die mittlere Terrasse an der Westlanke des Loametjåhkkå. Auf ihr will ich zur Schlucht des Bálgatjåhkå wandern. Als ich mir umdrehe, liegt mein Zeltplatz schon im Wolkennebel. Da hatte der Wetterbericht wieder recht. Auf der Terrasse wechseln sich Gras und Steine ab. Hinter mir verschlingt der Wolkennebel die Landschaft. Schließlich hat er mich eingeholt. Die Sicht ist eingeschränkt. Dann sehe ich wieder mehrere hundert Meter weit. Das Wechselspiel wiederholt sich und ich überlege ob es Sinn macht heute vielleicht nur bis zu den kleinen Seen am Ende der Terrasse zu gehen.
Am Bálgatjåhkå entlang
An den beiden kleinen Seen scheint kurz die Sonne und da die Wolken von Süden kommen erhoffe ich mir auf der Luohttoláhkoebene bessere Sicht. Statt durch die beschwerliche Schlucht entlang des Bálgatjåhkå auf die Ebene zu gelangen will ich weiter oben auf über 1300m an der Nordwestflanke des Loametjåhkkå wandern. Auf Höhe der Seen steige ich auf. Ich folge einem Rentierpfad und versuche so die Blockfelder zu meiden. Nach 20 Minuten erreiche ich auf 1360 Metern Höhe eine Terrasse. Steine herrschen vor. Die Wolken ziehen an mir vorbei nach Luohttoláhko und lösen sich auf.
Die vielen Steine machen das Vorankommen auf der Terrasse mühsam. Ohne den Wolkennebel hätte ich eine tolle Aussicht. So bin ich froh, dass ich im Nahbereich eine recht gute Sicht habe und vorausschauend meine Route um die Blockfelder planen kann. Hin und wieder kann ich sogar über die Luohttoláhko-Ebene bis zum Nåite blicken. Der Gletscher Bálgatjiegŋa kommt langsam in mein Blickfeld. Rund 200 Meter unter mir liegt die wolkenverhangene Schlucht des Bálgatjåhkå. Nach einer Stunde erreiche ich das nördliche Ende der Terrasse. Ich kann den Bálgatjåhkå-Wasserfall auf 1180m erblicken. Noch ein Blockfeld, dann kann ich mit dem Abstieg zum Bálgatjåhkå beginnen. Östlich von mir liegt der Gletscher am Loametjåhkkå. Von den kleinen Seen unterhalb und vom Bálgatjiegŋa kommt ein Fluss, den ich direkt vor der Mündung in den Bálgatjåhkå queren möchte. Das Wasser des Hauptarmes kommt aus den Seen Lullihajávrre und Bálgatjávrásj.
Furt am Bálgatjåhkå
Um 11 Uhr erreiche ich die Furt am Bálgatjåhkå auf 1200 m Höhe. Das Wasser des ersten Arms ist überraschend klar. Er hat nicht sehr viel Wasser und so schaue ich erst ob, ob ich ohne einen Wechsel in die Crocs rüber komme. Da der Hauptarm jedoch mehr Wasser hat, entscheide ich mich um. Die Querung ist kein Problem. Ich suche eine breite Stelle mit kleineren Steinen und komme ohne Mühe ans andere Ufer.
Nun der zweite Wasserlauf, dessen Wasser gräuliches Gletscherwasser führt. Die Steine im Wasser sind größer und damit unangenehmer zu gehen. Schwer wirkt es aber bei weiten nicht. Die Hauptströmung ist schnell gequert. Ich fühle mich schon siegesgewiss am anderen Ufer. Als ich die letzte Nebenströmung queren will, macht es platsch und ich sitze im flachen Wasser. Ein flacher Stein war einladend, aber auch rutschig und bot keinen Halt. Der Schaden ist zum Glück gering. Eine Ecke des Rucksacks hängt in der Strömung, in den linken Wanderstiefel ist Wasser gelaufen und die Kameratasche ist nur von außen etwas nass. Dazu kommt noch ein blaues Schienbein und eine leicht verstauchte linke Hand. Ich rette Rucksack und Kamera auf einen trockenen Stein und bringe sie dann ans trockene Ufer.
Zum See Bálgatjávrásj
Bis zum See Bálgatjávrásj sind es nur noch 1,5 Kilometer. Wegen des feuchten Wetters habe ich meine Regenhose an und mir ist trotz nasser Unterhose nicht kalt. Ich beschließe ohne mich umzuziehen weiter zu gehen. Ich Wechsel in die Wanderschuhe und mache mich auf zum See. Ich gehe westlich der beiden kleinen Seen entlang. Am anderen Ufer rastet eine Rentierherde auf einer Anhöhe. Die Orientierung ist etwas schwierig, denn vom Bálgatjávrásj sehe ich nichts und um mich herum sind nur Steine und Wolken. Ein Blick auf das GPS klärt mich auf, dass ich nicht mehr weit vom See bin und den flachen Fluss vor mir queren sollte. Ich gehe über eine Anhöhe und blicke über den See. Wie erhofft gibt es hier am Südostufer Grasflächen.
Ich suche mir eine ebene Fläche und baue das Zelt nach der Windrichtung ausgerichtet und mit Blick auf den Nåite auf. Windschutz bietet der Platz nicht. Dafür gibt es genügend Steine um die Zeltleinen und Heringe zu sichern. Anschließend ziehe ich mir trockene Sachen an. Der schützende Dry Sack hat dem Wasser nicht standgehalten, aber der Packsack des Schlafsacks hat ihn bei meinem unfreiwilligen Bad trocken gehalten. Glück gehabt. Es ist erst 12 Uhr. Von der Sonne ist nichts mehr zu sehen. Die Wolken ziehen über die Ebene und manchmal nieselt es leicht. So langsam kommt das schlechte Wetter. Ich koche Wasser und esse einen Quinoa-Cup zu Mittag. Eine weitere Rentierherde zieht ihre Kreise am See entlang. Es weht inzwischen kräftig, aber das Zelt steht gut und bietet Schutz vor Winden und Regen. Um 16 Uhr gönne ich mir einen Cappuccino und gehen etwas umher bis es wieder anfängt zu nieseln. Es gibt Spaghetti zum Abendessen und dann gehe ich auch schon ins Bett. Zu ungemütlich das Ganze hier.
Ich liege schon im Schlafsack als der Wind dreht. Er kommt nun schräg von der Seite. Der Zeltstoff flattert und lärmt. An Schlafen ist nicht mehr zu denken. Ein paar mal muss ich die Leinen neu spannen oder befestigen. Ich bin genervt. Da war es den ganzen Nachmittag ruhig und kaum will ich schlafen stürmt es.
Regentag am Bálgatjávrásj
Ab Mitternacht war es endlich ruhiger und ich bin eingeschlafen. Morgens um 7 Uhr weht es noch immer und meine Luftmatraze ist richtig flau. Mist. Draussen ist Nebel. Die Berge um mich herum kann ich nur erahnen. Kräftige Schauer machen das ganze ungemütlich. Ich inspiziere das Zelt in einer Regenpause und gehe auf Toilette. Vorm nächsten Schauer flüchte ich wieder ins trockene Zelt, puste Luft nach und lege mich wieder hin. Später frühstücke ich Süsskartoffeln mit Apfel, Zimt und Mandeln und mache ich mir noch Rührei.
Um 13 Uhr scheint kurz die Sonne und ein Regenbogen erscheint über den Bálgatjávrásj. Zwei Stunden später reisst plötzlich ein Loch über mir im Himmel und ich sehe das satte blau. So plötzlich wie es gekommen ist, ist es auch wieder verschwunden. Es regnet weiter.
Inzwischen habe ich das Loch in meiner geliebten Neoair gefunden. Das Plastikstück, welches das Ventil hält, hat von innen mit einer Ecke die Aussenhaut perforiert. Eine blöde Stelle, denn wenn ich die Matraze aufblase löst sich das Klebeband durch Druck und die Rundung. Ausserdem scheint dort auch Kondenzwasser auszutreten. Das Tesaband ist zu steif, das Klebeband vom 1.Hilfeset zu dünn und der Flicken aus dem Reperaturset löst sich auch vom Loch ausgehend wieder. Irgendwie finde die Luft immer wieder einen Weg nach draussen. Egal was ich mache, dauerhaft ist es nicht. So verbringe ich den Nachmittag mit Bastelarbeiten, bis ich aufgebe. Draussen peischt der Regen über die steinige Luohttoláhko-Ebene. Für die Nacht lege ich eine dünne Matte, welche mir als Sitzkissen dient, auf Höhe der Hüfte unter die Matraze. Bei Bodenkontakt isoliert die Matraze nicht mehr und mir wird dort kalt, wenn sie zu flau ist.
Gegen Abend klart es etwas auf und ich sehe das Pårtemassiv. Nach Norden erspähe ich den markanten Gipfel des Bierikbákte, welcher sich über den Bielatjåhkkå und Låddebákte erhebt. Zum Abendessen esse ich Buntes Huhn. Der Eintopf mit Bohnen gefällt mir ganz gut, aber beim nächsten Mal werde ich wohl das Huhn durch Salamie oder getrocknete Kassler ersetzen.
Kurz vor 20 Uhr gibt es noch einmal ein Naturschauspiel von Sonne und Regen und daraus resultierenden Regenbogens über den Lullihatjåhkka.