Gegen acht Uhr morgens stehe ich auf. Die Sonne lacht und ich habe super geschlafen. Nach einem Müsli-Frühstück packe ich ein. Es dauert bis alles an seinem idealen Platz im Rucksack verstaut ist. Ich habe noch Handyempfang und schicke schnell eine SMS nach Hause. Dann geht es los. Bei dem schönen Wetter möchte ich über den Pass zwischen Áhkka und Sjnjuvtjudis gehen. Die Route ist sogar in der Karte eingezeichnet und müsste kurz nach dem Bach, welcher am Gletscher des Áhkka Västtoppar entspringt, vom Padjelantaleden abgehen. Allerdings bin ich durch Berichte gewarnt, dass diese Abzweigung leicht zu übersehen sei.
Nach der Bachquerung steigt es an. Es dauert nicht lange und ich treffe auf einen roten Pfeil, der auf dem Boden liegt. Von einem Pfad ist nicht viel zu sehen, aber die Richtung stimmt. Also versuche ich es. Ich bin auf alle Fälle nicht die erste die hier lang geht. Schnell wird es sumpfig. Vor nicht langer Zeit ist vor mir hier schon jemand durch das Gras gegangen. Das macht mir Mut doch auf dem Pfad zu sein. Ich peile grob eine Biegung im Bach an, an dem die Route vorbei führen soll. Dabei versuche ich auf den Anhöhen mit Birken zu gehen, damit ich mir nicht gleich am Anfang nasse Füße hole. Außerdem lässt sich auf festen Boden einfacher gehen als auf den sumpfigen Feuchtwiesen.
Irgendwie komme ich so aber zu weit nach rechts. Dort fließt der Abfluss des See Sjnjuvtjudisjavrasj, den ich nicht kreuzen darf. Wenig später treffe ich auf einen Trampelpfad, der mich wieder dichter an den Áhkka führt. Als ich ein Rinnsal queren will, trete ich am Rand auf ein kleines Stück vermeintlichen Sands und ruckzuck ist mein Fuß versunken. Ich setze mich auf die Böschung und es dauert etwas bis ich den Fuß samt Schuh aus dem Matsch gezogen habe.
Áhkka Terrassen
Der Trampelpfad führt mich zielstrebig auf die erste steile Terrasse zu. Nach der Karte müsste ich dichter am Áhkka lang wandern, aber der Pfad sieht gut aus. Er führt mich direkt auf die steile Abbruchkante einer der Terrassen. Rund 50 Höhenmeter türmen sich vor mir auf. Da muss ich rauf. Einem Trampelpfad folgend erklimme ich das Hindernis. Wenig später bin ich oben. Vor mir liegt eine fast baumlose Ebene. Ich habe das Kalfjäll erreicht. Zeit für eine kleine Rast um die tolle Aussicht zurück bis auf die Nordseite des Áhkkajávrre zu genießen. Für das kleine Stück bin ich nun fast zwei Stunden unterwegs. Ich esse etwas Knäckebrot und geniesse die Aussicht.
Als nächstes Ziel peile ich eine weitere Terrasse an, die zwischen Áhkka und einem tiefen Canyon liegt. Der Abfluss des See Sjnjuvtjudisjavrasj fließt dort unten. In den Vertiefungen der Ebene liegt noch Schnee. Ich bewundere gerade ein paar Blumen als ich eine Dreiergruppe bemerke, die in einiger Entfernung entgegengesetzt zügig entlang geht. Ich vermute dort die in der Karte eingezeichnete Route und ändere meine Richtung mehr Richtung Áhkka. Wenig später treffe ich auf einen ausgetretenen Pfad. Dieser führt mich auf dem Pass. An einem kleinen Rinnsal finde ich Trinkwasser. Nach weiteren drei Kilometern muss ich einen sprudelnden Bach, der ebenfalls vom Västtoppar kommt, queren. Weiter oben steht ein Zelt. Wir winken uns zu und wenig später bin ich von Stein zu Stein balancierend sicher auf der anderen Seite.
Der Trampelpfad folgt nun der Konturlinie. Vor mir öffnet sich die Sicht auf Gisuris, Ruohtesvágge und Niják. Ich passiere den See Sjnjuvtjudisjavrasj. Langsam wird der Pfad undeutlich und vor mir liegt eine sumpfige Ebene mit Weidengestrüpp. Ich halte mich weiter oben im Trockenen, verliere aber dadurch den Weg, falls es den hier überhaupt noch gibt.
Rákkasjåhkå
Das nächste größere Hindernis ist der Rákkasjåhkå. Schnell wird klar, hier muss ich meine Watkombi - Cros mit Neoprensocken - einweihen. Nur wo geht es am besten durch das kalte, schnell strömende Wasser? Soll ich nach oben oder unten am Fluss entlang gehen? Im Tal mäandern die Flüsse häufig und teilen sich in einfacher zu querende Arme auf. Dagegen ist oben die Strömung größer, aber weniger Wasser im Fluss, wenn es gelingt die Zuflüsse zu überschreiten. Ich schaue nach unten und nach oben. Und versuche mein Glück weiter oben. Vielleicht komme ich ja doch in Wanderschuhen trocken rüber.
Ganz offensichtlich bin ich nicht die erste, die suchend am Ufer entlang läuft. Ausgetretende Pfade zeugen von einigen Wanderern, die vor mir die beste Furt suchten. Nach einem halben Kilometer komme auf 800 m Höhe an eine Stelle, die mir aus einem Reisebericht bekannt vor kommt. Hier sieht es in Crocs gut machbar aus. Oder gibt es noch etwas Besseres? Ich gehe weiter hoch. Der Fluss wird schmaler und schmaler, aber ehe es richtig gut wird, kommt der Schnee dazu. Ich drehe wieder um und probiere es an der ersten Stelle. Der Rákkasjåhkå ist hier etwas breiter und eine kleine Insel in der Mitte erleichtert den Übergang. Ich probiere es erstmal ohne schweren Rucksack und suche eine gute Route zwischen den Steinen. Die Querung ist kein Problem und schwupp-di-wupp bin ich mit Sack und Pack drüben.
Nahe der Kisuriskåtan
Ich gehe weiter der Konturlinie folgend Richtung dem markanten Berg Niják. Ein Blick auf die Karte zeigt mir, die Grenze zwischen Stora Sjöfallets und Sarek ist nicht mehr weit. Vielleicht erreiche ich heute noch den Sarek. Rund 2,5 Kilometer Luftlinie dürften es bis dahin sein.
Ein kleines Schneefeld versperrt mir den Weg. Es sieht harmlos aus, aber der Schnee ist sehr weich und gleich beim ersten Schritt versinke ich bis zum Knie. Unter dem Schnee verstecken sich riesige Felsblöcke. Die Schneedecke trägt nicht und so muss ich drum herumlaufen. Nach weiteren drei Kilometern kreuze ich einen kleinen Bach mit guten Trinkwasser. Der Sarek ist noch nicht erreicht, aber es ist halb sieben und einen schönen Platz mit Aussicht für das Zelt gibt es auch. Unten im Tal fliesst der Sjnjuvtjudisjåhkå und ich erkenne am anderen Flussufer die Kisuriskåtan. Feierabend für heute.
Das Zelt steht schnell. Ich wähle das Abendesse nach Gewicht und entscheide mich deshalb für die recht schweren roten Linsen mit Karotten und Lamm. Jedes Gramm weniger im Rucksack macht das Leben leichter. Der Himmel ist inzwischen bedeckt. Am Padjelantaleden regnet es sogar. Hoffentlich ist es morgen trocken. Mit der Querung des milchigen Gletscherflusses Suottasjjåhkå steht mir eine schwierige Flussquerung bevor, um ins Ruohtesvágge zu gelangen.