Höga Kustenleden
Unterwegs an der schwedischen Hohen Küste

9. Tag: Hemtjärnen · Käl · Skuleskogen Nationalpark · Slåttdalsskrevan · Tärnättvattnen

Durch Skuleskogen und Slåttdalsskrevan zum Tärnättvattnet

Über Käl zum Skuleskogen Nationalpark

Nach einer ruhigen Nacht am Hemtjärnen steht mit dem Skuleskogen das nächste Highlight an. So schön die Abendsonne war, am Morgen steht das Zelt leider im Schatten. Kurz nach 9 Uhr komme ich los. Ich steige wieder ab zu der Wegkreuzung im Wald und wandere auf einem abwechslungsreichen Waldweg nach Käxed. Den Ort passiere ich oberhalb und erreiche wenig später den Fahrweg nach Dal. Nach einem kurzen Stück biegt der Wanderweg wieder in den Wald ab. Ein schmaler Pfad führt zum Dalsjöbäcken, an dessen Ufer ein schöner Platz für die Pause oder zum Übernachten ist. Auf der anderen Seite steigt der Weg etwas an um schliesslich in die Strasse nach Käl zu münden.

Ich stehe am Strassenrand der Aussenkurve einer ansteigenden Schotterstrasse. Da sich ein Auto nähert, bleibe ich erst einmal stehen. Dieses braust mit aufheulenden Motor und um die Kurve driftenden Wohnwagen an mir vorbau. Ich folge der Staubwolke. Ein Wohnmobil kommt von hinten. Ist ja richtig Betrieb hier. Der Höga Kustenleden verläuft auf der südlichen Zufahrt zum Skuleskogen Nationalpark und es scheint Rushhour zu sein. Käl ist schnell erreicht und kündigt sich mit einem Windschutz an. Lydias Hälla bietet Unterschlupf bei Wind und Wetter. Ein paar Meter weiter wartet im Ortskern direkt nebem dem Wanderweg ein Brunnen auf die Wanderer. Aus 96 Meter Tiefe kommt hier das kühle Nass, dass sich Wanderer aus dem privaten Wasserhahn abfüllen dürfen. Dazu lädt am alten Schöpfbrunnen eine Parkbank zum Verweilen ein. Es wird um eine Spende für Greenpeace gebeten.

Von Käl sind es noch drei Kilometer auf der Strasse bis zum Skuleskogen Nationalpark. Wieder werde ich von einem Wohnmobil verfolgt, diesmal sind es sehr höfliche Niederländer. Nachdem ich Platz mache, schleichen sie winkend an mir vorbei. Rund 600 Meter hinter Käl passiere ich eine Abzweigung. Was wohl ursprünglich ein Waldweg war, sieht mir nun nach dem Neubau einer breiten Umgehungsstrasse aus. Ich kann nur für alle zukünftigen Wanderer hoffen, denn die meissten motorisierten Urlauber scheinen auf der Flucht zu sein.

Im Skuleskogen Nationalpark

Kurz vor der Brücke über den Ävdalsbäcken verlässt der Leden die Strasse. Ein Picknicktisch mit Bänken lädt zum Verweilen ein, der Ävdalsbäcken liefert Tinkwasser. Direkt auf der anderen Seite beginnt der Skuleskogens Nationalpark. Ein Wanderweg durch das Ävdalen zum Skrattabborrtjärn führt nach Norden, mich dagegen zieht es direkt zur engen Schlucht Slåttdalsskrevan. Über einen schmalen Waldweg erreiche ich den Parkplatz am Entré Syd (Südeingang). Hier gibt es Trockentoiletten und Mülleimer. Wasser muss aus den Bächen genommen werden.

Während der Hauptsaison (1.Mai bis 30.September) darf im Nationalpark nur an ausgewählten Plätzen für jeweils maximal 3 Nächte gezeltet werden. Zudem gibt es kostenlose Hütten. Eine davon liegt am Tärnättvattnen, in deren Umgebung auch gezeltet werden darf. Die kleine rote Hütte liegt ideal mitten im Nationalpark in der Nähe der Slåttdalsskrevan und direkt am Höga Kustenleden. Die Lage am Tärnättvattnen ist idylisch und nachdem ich das erste Foto sah, stand für mich fest, da will ich übernachten.

Ich folge dem Höga Kustenleden also weiter Richtung Slåttdalsskrevan und wandere vom Parkplatz nicht hinab zur Kälaviken-Bucht, wo es auch einen Bereich zum Zelten gibt. Nach einigen Metern kommt der eigentliche Eingang mit Informationstafeln und Broschüren mit einer Nationalparkkarte liegen aus. Drei Kilometer sind es von hier bis zur Slåttdalsskrevan. Ein Brettersteg führt in den Wald. Das ist wie auf einer Wanderautobahn und automatisch gehe ich zügiger voran. Eigentlich schade, dass ich so durch den Wald rase. Das ändert sich plötzlich als die Bretter für ein Stück aufhören und ich wieder genauer hinschauen muss, wohin ich meinen Fuß setze. Der Weg führt nun bergan und sogleich spüre ich meine lahmen Beine. Die Knie zwicken auch noch vom Vortag. An einem Bach lege ich eine Pause ein und fülle mein Wasser wieder auf.

Auf Bretterwegen steige ich weiter auf. Ich passiere eine weitere Abzweigung hinab nach Kälaviken. Dann hört der Bretterweg auf und statt dessen bilden runde Steine den Weg. Wie ich solche runden Steine "liebe". Runde, müde Füsse auf runden Steinen ist nicht so eine gute Kombi. Wenig später komme ich an ein grosses Steinfeld. In vielen Schichten liegen die runden Steine hier. An diesen Steinfeldern wird die Landhebung besonders sichtbar. Sie haben ihre Form im Meer erhalten und sind vor rund 8000 Jahren durch Stürme an Land gespült worden. Was machen sie aber hier oben, rund 150 über dem Meeresspiegel?

Während der letzten Eiszeit lag eine mehrere Kilometer dicke Eisschicht auf Skandinavien. Unter dem Gewicht wurde die Erdkruste nach untern gedrückt. Im Gebiet der Höga Kuste war sie am dicksten und hielt das Eis auch länger als im Süden. Seitdem die Eisschicht geschmolzen ist und das Land damit von der Last befreit ist, hebt es sich wieder. Bis zu einem Meter pro Jahrhundert oder aktuell 8 mm pro Jahr hebt sich das Land auch heute noch. Da sich das Land zwischen den Stürmen mit grossen Wellengang erhob, entstanden Reihen von Steinen die über die Zeit diese grossen Felder bildeten. Auf den Steinen haben sich extrem langsamwachsene grüne Landkartenflechten angesiedelt.

Durch die Slåttdalsskrevan-Schlucht

Nachdem ich die Steine bewundert habe muss ich mich entscheiden, ob ich über den Slåttdalsberget zur Slåttdalsskrevan-Schlucht wandere oder weiter an dessen Westflanke entlang. Da ich morgen eine Runde durch den Park wandern will, entschliesse ich mich für den einfacheren Weg. Oben im Sattel hören die Steine endlich auf und der Pfad führt über Baumwurzeln an einem Feuchtgebiet entlang. Ich passiere die Abzweigung zum Westeingang an der E4. Schliesslich geht es steil bergan. Über Felsblöcke hinauf kann ich die roten Granitwände sehen. Die kleine Schlucht mit dem Felsen oben drüber ist jedoch nur das Vorspiel. Ich durchquere das Felsentor und zwischen geraden Felsenwänden es geht weiter hinauf. Der Weg vom Gipfel des Slåttdalsberget kommt dazu und dann bin ich oben. Vor mir liegt die sagenumwobene Slåttdalsskrevan. Die rund 200 Meter lange und 7 Meter breite Felsspalte mit den 30-40 Meter hohen Wänden ist für viele die Hauptattraktion des Nationalparks. Ursprünglich war sie mit einem anderen Gestein gefüllt, welches aber verwitterte und so diese Spalte hervorbrachte.

Während ich noch oben stehe und das Naturschauspiel bewundere kommen drei Parkranger durch die Schlucht hinauf zu mir. Sie messen den Grad der Treppe aus und fachsimpeln eine ganze Zeit über das Holzbauwerk. Was mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt ist, es sind die letzten Stunden dieser Treppe. Denn wegen Steinschlag wird der Weg durch die Slåttdalsskrevan in den nächsten Tagen für immer gesperrt werden. Noch aber führt der Höga Kustenleden über die Treppe hinab durch die Spalte. Als die Parkranger die Treppe frei machen, steige ich hinab. Hier unten fühle ich mich zwischen den senkrechten Felswänden sofort noch viel kleiner. Es liegen noch ein paar Schneereste am Boden. Und weiter vorne liegen grosse Felsbrocken im Weg, die umklettert werden müssen. Am anderen Ende geht es über Stock und Stein auf einem schmalen Pfad abwärts.

Zum Tärnättvattnen

Ich erreiche eine felsige Zwischenebene. Auf dem Granit gibt es nur wenige Möglichkeiten für Baumwurzeln und so habe ich den ersten freien Blick auf den südlichen Tärnättvattnen. Der Blick von hier reicht bis zu den vorgelagteren Ostseeinseln. Wenig später erreiche ich den See und verfranse mich gleich etwas. Ein deutlicher Tampelpfad führt mich ins Nichts und als ich es bemerke bin ich schon rund 100 Meter gegangen. Also wieder zurück und beim zweiten Versuch lande ich zwischen Felsen und Blaubeergestrüpp in der richtigen Spur.

Die kleine rote Hütte am Ufer des Tärnättvattnen liegt verlassen da. Als ich hineinschaue steht allerdings schon ein grosser Rucksack im hinteren Schlafbereich. Es ist also schon jemand vor mir da gewesen. Über den See kann ich zum Slåttdalsberget blicken und sogar die Slåttdalsskrevan erkennen. Nördlich davon gibt es am Berg eine Baustelle, von der ich vorhin noch Baugeräusche gehört hatte. Ich schaue mich nach einer Zeltmöglichkeit um. Laut Karte soll dies auf der Halbinsel erlaubt sein. Allerdings besteht sie vor allem aus Felsen. Inzwischen sind die Rucksackbesitzer angekommen. Die beiden Deutschen haben mit Tagesgepäck eine Runde durch den Nationalpark gedreht. Direkt neben der Hütte kann ich das Zelt zwischen mehreren Kiefern aufstellen und trotz Felsen ist der Boden tief genug für die Heringe. Das Zelt steht noch nicht richtig, als der vorhergesagte Regen anfängt. Später kommt noch eine weitere Deutsche dazu, so dass wir zu viert am Abend in der Hütte sitzen und uns austauschen. Gegen 21 Uhr ist Schicht im Schacht und wir gehen alle ins Bett.

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