Um 5:00 morgens weckt mich ein kleiner nerviger Vogel, der mich wohl aus seinem Vorgarten vertreiben will. Es weht kein Wind und die Wolkendecke hängt tief. Um 8:00 Uhr wache wieder auf und bleibe nach einem Blick nach draussen liegen. Ich hoffe das Wetter wird besser und werde belohnt. Die Wolkendecke hebt sich langsam und irgendwann kann ich sogar die Basis des rund 8 Kilometer entfernten Hårteigen sehen. Um halb elf erblicke ich freudig ein kleines bisschen blauer Himmel. Es wird Zeit mit dem Packen anzufangen.
Gegen 11:30 Uhr ist das Zelt soweit trocken, dass ich auch dieses als letztes einpacken mag. Ich wandere los. Ich möchte bis zum Hårteigen gehen. In der Hoffnung morgen auf besseres Wetter zu treffen dort in der Nähe zelten.
Die tiefen grauen Wolken spiegeln sich in den teilweisen eisfreien kleinen Seen. Dazwischen immer wieder Schneefelder. Grau-weiss soweit das Auge reicht. Ich steige zum Grøndalsvatnet im Grøndalen hinab. Dessen kleinen westlichen Teil erreiche ich nach 45 min. Da erste Sonnenstrahlen gerade durch die Wolken brechen, lege ich eine kurze Pause ein. Ein Müsliriegel und etwas Trinken. Da die Sonne nicht gegen die Wolken gewinnt, wird mir schnell kalt.
Der Weg führt nun über ein Schneefeld am Seeufer entlang. Nach 500 Metern erreiche ich ein unerwartetes Hindernis am Zufluss des Grøndalsvatnet - eine Furt. Ich hätte mal den Wanderführer genauer lesen sollen. Zwar gibt es wieder gerade eben überflutete Steine, die mich auf einen grösseren trockenen Felsen führen würden, aber auf der anderen Seite ist der Abstand zum Ufer breiter als mein Schritt und schlecht einzusehen. Ich entschliesse mich also wieder für die sichere Querung inklusive Fusswäsche und wechsel die Schuhe. Oberhalb der Steinkette ist der Grund sandig bzw mit kleinen Kieselsteinen bedeckt. Das leicht strömende Wasser reicht mir an einer Stelle fast bis zum Knie, aber mit Neosocken und Regenhose ist es nicht so kalt wie befürchtet. Sicher gelange ich ans andere Ufer.
Die erfrischten Füsse fangen gleich wieder an zu dampfen, denn der Weg geht nun wieder bergan. Nächstes Ziel ist der Grytevatnet. Mit jedem Schritt komme ich den Wolken näher. Zum Glück regnet es weiterhin nicht. Mit der Höhe nehmen auch wieder die Schneefelder zu. Der Abfluss des Grytevatnet ist einfach zu queren, diesmal ganz ohne Schuhwechsel. Der See ist überwiegend mit Eis bedeckt und auch seine Ufer sind überwiegend schneeweiss. Wo genau das Ufer verläuft ist kaum auszumachen. Nur auf den Erhöhungen dazwischen, wo die Sonne gut ankam, ist der Schnee geschmolzen. Ich folge den Steinmännchen, die auch auf den Schneefeldern gut sichbar sind und sicher an den Gefahren vorbeiführen. Der Aufstieg geht weiter, am westlichen Seeufer entlang hinauf auf den Sattel am Grytenuten.
Oben angekommen steht der Hårteigen wolkenlos vor mir. Ich komme meinem heutigen Zielgebiet immer näher. Ab nun will ich nach einem Zeltplatz Ausschau halten. Die höheren Lagen sind schneefrei, die Täler mit den Seen und Bächen jedoch nicht. Vor mir liegt ein kleiner See und westlich davon der Sandvatnet. In dessen Richtung türmen sich die Schneewehen. Meine ursprüngliche Idee vom Vorabend an einem Fluss westliche des kleinen Sees mein Glück zu versuchen vergesse ich also lieber wieder. Ich folge den Weg hinab zum kleinen See und treffe auch zwei Zelte am Zufluss. Sieht nach Pfadfindern aus, aber zusehen ist niemand. Damit ist dieser Platz besetzt. Der Zufluss ist noch etwas unbequem zu queren. Irgendwo unter dem aufgeweichten Schneefeld fliesst das Wasser.
Nach dem See geht es zwischen Hügeln wieder nach oben. Mir kommt die Idee es doch einmal rechts auf einem der schneefreien Hügel zu versuchen. Und ein Fluss müsste auch gleich kommen. Ich stapfe also hoch. Kleine Terassen bieten ebende Flächen. Weiter oben sehe ich den Bach, bevor er unter dem Schneefeld verschwindet. Mit Ausblick auf den Sandvatnet stelle ich das Zelt auf einer Anhöhe. Der Himmel sieht einfach nach schönem Wetter aus. Nach Norden blicke ich direkt auf den Hårteigen. Ich quere ein Schneefeld und hole Wasser aus dem Bach. Spagetti mit Rinderhack und Tomatensosse, dazu ein Karottensalat. Ich habe richtig Hunger, bin aber nur 8 Kilometer gewandert. Muss das kalte Wetter sein. Gegen Abend kommt die Sonne noch raus. Ich nutze die Gelegenheit und gehe weiter hinauf um in das Hinterland östlich von mir zu schauen.
Nach Sonnenschein kommt Regen
Ich war zu optimistisch gewesen. Statt Sonnenschein regnet es und windet den ganzen nächsten Tag. Dafür ist mein Zeltplatz natürlich nicht ideal, denn der Wind steht genau auf dem Eingang. Da war ich wohl zu optimistisch gestern. Im Wanderführer steht das Nansen und Amundsen in der Vidda für ihre Polexpeditionen trainiert haben. Wie ein arktischer Sturm fegt der kalte Wind durch das Zelt. Erst als ich einen Teil des Footprints, welcher im Vorzelt liegt, hochziehe und vor dem Innenzelt befestige, habe ich etwas Windschutz im Innenzelt.
Auch wenn der Regen nicht stark ist, stürmt es so sehr, dass ich das Zelt lieber stehen lassen möchte. Der Tag vergeht schneller als gedacht. Bei einer Regenpause hole ich neues Wasser. Passend zum Wetter entscheide ich mich heute für Fischsuppe mit Kabeljau, Kartoffeln und Lauchgemüse.