Frühstück im Hotel - das letzte Mal nach Herzenslust den Bauch voll schlagen. Die nächsten 10 Tage werden die Mahlzeiten eher spartanisch ausfallen. Da lohnt sich das Schlemmen noch mal so richtig.
Hannah von 8seasons4women holt uns mit dem Bus ab und fährt uns bei strahlend blauen Himmel nach Abisko zum Bahnhof Abisko Turiststation. Dort treffen wir auf unsere Reiseleiterin Katharina mit Alaskan Husky Falk. Schnell ist das Essen verteilt und in unseren Rucksäcken verstaut. Vor allem für den zweiten Teil der Wanderung, der uns durch Norwegen führen wird, müssen wir genügend Vorräte dabei haben. Dort gibt es im Gegensatz zu einigen schwedischen Hütten nicht die Möglichkeit Proviant zu kaufen.
Abisko Nationalpark
Um 11:30 nehmen wir die ersten Meter des Kungsleden unter unsere Sohlen. Seit 2004 firmiert die Strecke Abisko - Nikkaluokta des Kungsleden auch als Dag Hammarskjöldsleden. Er wurde als Pilgerweg von der schwedischen Kirche eingerichtet und so gibt es an jeden Tag einen Meditationsplats. Außerdem führt der Nordkalottleden ebenfalls durch Abisko. Wir gehen quasi drei Wege auf einmal.
Der erste Tag führt uns auf 14,6 Kilometern durch den Abisko Nationalpark nach Abiskojaure. Birkenwald prägt die Landschaft. Der Weg folgt den Abiskojåkka flussaufwärts nach Süden. Immer wieder bieten sich Einblicke in den Flusslauf. Bevor er bei Abisko in den Torneträsk mündet zwängen sich die Wassermassen durch eine Felsenschlucht.
Nach 45 Minuten erreichen wir an einer Flussbiegung Marmorbottet - den Marmorsteinbruch. In den frühen 1900er Jahren wurde an dieser Stelle der gelblich weiße Dolomit abgebaut und als Abisko-Marmor verkauft. Nun führt der Kungsleden hier über einen Kalkfelsen. Der kurze Anstieg wird mit einem schönen Ausblick belohnt. Auf der anderen Flusseite erhebt sich der Slåttatjåkka (1186m) und nach Süden sind in der Ferne die Gipfel von Giron (1551m), Tjåmuhas (1743) und Pallentjåkka (1737m) zu sehen.
Der Wald leuchtet farbenfroh. Grüne Moose und Heidekraut, dazwischen Beeren in schwarz, blau und rot laden zum Verweilen ein. Eine weitere halbe Stunde später queren wir auf einer stabilen Hängebrücke den Nissonjohka. Vorbei am Zeltplatz Nissonjokk führen uns Holzbohlen durch den Fjällbirkenwald. Hier scheint es auch mal feuchter zu sein, aber nach dem diesjährigen langen warmen Sommer ist der Boden trocken. Mir huscht ein kleines Etwas vor die Füße und verschwindet genauso schnell wieder im Gestrüpp. Auch wenn ich nur den Hintern gesehen habe, ich bin mir sicher, das kann nur ein Fjäll Lemming (Berglemming) gewesen sein. Ich hoffe auf eine weitere Begegnung während unserer Wanderung. Den Hintern kenn ich also schon einmal.
An der nächsten Flussquerung erwartet uns eine weitere Hängebrücke. Zuvor machen wir aber am Ufer des Ballinjohka eine längere Pause. Den Rucksack vom Rücken, das tut gut. Hunger habe ich auch langsam. Ich will ein paar Fotos von diesem schönen Flecken machen als ich die Sonnenblende von meiner Kamera vermisse. So ein Pech gleich am ersten Tag. Und während ich so den Boden absuche, werde ich von einem Paar angesprochen ob ich auch aus Abisko komme und etwas vermisse und schon halten sie mir meine Sonnenblende unter die Nase. Glück muss man haben.
Der Weg steigt nach der Brücke an und die Landschaft wird offener. Für eine ganze Zeit verlaufen nun Winter- und Sommerweg zusammen. Schließlich erreichen wir das Nordufer des Abeskojávri. Große Heideflächen laden zum Verweilen ein. Noch vier Kilometer bis zur Hütte. Zeit um den Rücken ein weiteres Mal zu entlasten und die Aussicht zu genießen.
Der Kungsleden führt uns nun zwischen der steil aufsteigenden Bergflanke des Giron und dem Abeskojávri entlang. Es geht leicht auf und ab. Hinter dem Giron taucht der Gárddanvárri (1154m) auf. Zwischen beiden Bergen verläuft die morgige Route des Kungsledens durch das Gárddervággi über einen Pass. Hinter diesen ist der bereits schneebedeckte Gipfel des Godučohkka (Kåtotjåkka, 1991m) zu sehen. Schließlich erblicken wir die Hüttendächer von der Abiskojaurestugorna am anderen Seeufer.
Abiskojaurestugorna
Kurz vor den Abiskojaurehütten steht die letzte Flussquerung über den Kamajåkka an. Dank stabiler Brücke ist auch diese Querung kein Problem. Die Abiskojaurestugorna bestehen aus mehreren Hütten, zwei davon dienen mit insgesamt 53 Betten der Unterkunft. Feuerholz stapelt sich und wartet auf seine Zerkleinerung. In der kleinen Hütte des Hüttenwartes befindet sich ein kleiner Laden. Die Butik wird im Winter per Schneemobil beliefert und dementsprechend haltbar sind die Waren. Schokolade, Nüsse, Chips, Tütensuppen, Kartoffelbrei, Konserven, Getränke - alles was das Herz begehrt ist im Angebot. Die Cola ist im Ausverkauf. Knäckebrot und Käsecreme werden bei uns der Renner. Zudem findet sich am See eine Bastu (Sauna).
Wir sind mit Hund unterwegs und haben die Skogsstugan, eine kleine Hütte etwas außerhalb, für uns alleine. Fließend Wasser hat sie nicht und somit besteht kein Bedarf für den Waschbeckenstöpsel. Wie auf allen Hütten im Fjäll gibt es eine Stelle zum Wasser schöpfen, eine zum Waschen und eine zum Wasser entsorgen.
Vor dem Abendessen ist genügend Zeit für die Sauna oder einen Spaziergang an den See. Ich wähle die zweite Option. Auf Bohlen geht es zum See Abeskojávri. Auch ein Fjällripa (Schneehuhn) nutzt diesen Weg und verschwindet als es mich sieht.
Die Sonne steht schon tief und der Strand liegt bereits völlig im Schatten. Plötzlich kommt etwas auf mich zugelaufen. Im Gegenlicht ist es schwer zu erkennen. Als es einen Haken nach links schlägt und im Dickicht verschwindet ist klar, das war ein Schneehase. Mit soviel Tieren am ersten Tag habe ich nicht gerechnet. Fehlt eigentlich nur noch ein Rentier.
Abiskojaure Fjällstuga STF
Lage: Kungsleden, Nordkalottleden
Lat/Lon: 68°17'10" N, 18°35'27" E
Anzahl Betten: 51-75
Proviantverkauf: ja
Betreiber: STF Svenska Turist Foreningen
Link: STF Abiskojaure Fjällstuga
10.2024