Zur Abwechselung scheint am Morgen die Sonne am Buoššir oberhalb der Dærtahytta. Der schöne Tag will genutzt werden. Gegen halb neun komme ich los. In der Ferne kann ich schon den Stuora Nanná ausmachen. Südlich des Berges befindet sich die Furt durch breiten Skáktárjohka. Davor erkenne ich den Bergrücken des Jalggohas, über den ich noch wandern werde. Der Jerta überthront alles mit seinen 1428 Metern Höhe. Über den Pass Jierttášalbmi werde ich hoffentlich morgen gehen. Noch ein Blick zurück in den Talkessel und dann beginne ich den Abstieg ins Deartavággi und der Dærtahytta.
Der Wanderweg folgt dem Seeausfluss und quert den Bach mehrmals. Es geht ziemlich geradeaus rund 120 Höhenmeter abwärts. Meine Knie mögen so etwas gar nicht und so bin ich froh nach 40 Minuten an der verschlossenen Dærtahytta zu stehen. Es ist niemand da. Ich stelle den Rucksack auf die Treppe, esse ein paar Nüsse und schaue durch das Fenster in den modern eingerichteten Aufenthaltsraum der Hütte.
Ich folge den Bach weiter über die Wiesen zur Mündung. Das breite flache Deartavággi ist ein weniger besuchtes Tal. Bis zur schwedischen Grenze nach Osten sind es 9 Kilometer Luftlinie. Hier muss ich den Fluss vom See Njárgajávri queren. Eine einfache Sache. Die Nordkalottruta folgt dem Wasserlauf mit namenlosen Seen nach Südwesten. Schon bald türmen sich Felsen und kleine Hügel auf, dazwischen schlängelt sich der Pfad entlang. Zeltplätze sind auf diesem Stück Mangelware. Zum Cievččasjávri nehmen die Felsen wieder ab. Der See war gestern mein ursprüngliches Ziel und an seinem Ufer hätte ich einen schönen Platz gefunden. Nun ist es schon halb zwölf, aber immerhin habe ich die ersten 6 Kilometer geschafft.
Ich passiere eine Falkenraubmöwe, die neben dem Weg sitzt und sich von mir nicht stören lässt. Langsam beginnt der Aufstieg durch das breite grüne Dáččavággi. Zwei schmale Flüsse gilt es im Tal zu queren. Der erste wird vom Vanasjávri gespeist. Die Trittsteine sind wieder ein Stück zu weit auseinander für mich. Lange nach eine Stelle suche, will ich aber auch nicht. Stattdessen ziehe meine Crocs an, quere den Fluss und mache am anderen Ufer Mittagspause. Das erfrischende Fußbad war eine Wohltat für die Füße. Die durchgeschwitzten Socken lege ich in die Sonne zum Trocknen. Es ist wieder Kartoffelpüree-Tag und wie immer wird auch gleich ein Pott Tee gekocht.
Den zweiten Fluss kann ich in Schuhen etwas unterhalb der markierten Furt queren. Nun beginnt der Aufstieg auf die Hochebene zwischen Jalggohas und Bumannsberget (Dáččabákti). Oben angekommen blicke ich noch einmal zurück Richtung Dærtahytta, dann verschwindet das Deartavággi aus meinem Sichtfeld. Nordwestlich liegt Gárasvuopmi, das bewaldete Tal, allerdings sieht es eher sumpfig und karg aus. Der Weg verläuft sehr eben auf dem Kalfjeäll des Bergrückens entlang auf den Stuora Nanná zu. Vom Unna Nannáš kann ich nur den Gipfel sehen, als ich einen Wanderer treffe. Er ist gerade aufgestiegen und hat Pause gemacht. Eine gute Gelegenheit um nach der Furt am Skáktárjohka zu fragen. Es sei kein Problem gewesen, er sei an der Markierung einfach zickzack gegangen. So wirklich mehr weiß ich nun auch nicht. Dafür schimpft er über den sehr sumpfigen Weg. Die Finnen und Schweden würden in solchen Sümpfen Bretterstege bauen und die Norweger machen gar nichts. Schon im Vorfeld meiner Wanderung war ich vor dem Sumpf am Fuße des Unna Nannáš gewarnt wurde. Es soll schon jemand bis zu den Hüften im Sumpf versunken sein.
Für mich geht nun steil bergab ab zu den Seen P725 und P727. Der Boden ist nass und ich bin froh dieses Jahr neue dichte Schuhe zu haben. Durch Sumpfwiesen führt der Weg in einem Bogen auf die Landbrücke zwischen den beiden Seen. So langsam zieht das Wasser auch in meine Schuhe. Dann habe ich die Landbrücke erreicht. Moltebeeren wachsen hier. Ein Teil des torfigen Bodens ist in den See gerutscht. Noch einmal wird es richtig nass und dann habe ich den Unna Nannáš und damit trockenen Boden erreicht. Vor mir liegt die sumpfige Ebene Jierttávuopmi. Auf dem Weg zum Stuora Nanná wird es noch einmal richtig sumpfig und damit nass.
Kurz vor 17 Uhr erreiche den See P756 an der westlichen Flanke des Stuora Nanná. Von nun wandere ich wieder auf trockenen Heideflächen. Langsam biege ich ins Skaktardalen ein. Vor mir erhebt sich der Jerta mit seiner Steilwand. Ein einzelnes Rentier begrüßt mich. Erdwälle aus der letzten Eiszeit verhindern jedoch noch die Sicht auf den Skáktárjohka (Skaktarelva). Gedanklich war ich schon am Abstieg, aber es geht noch einmal aufwärts, immer an der Steilwand des Stuora Nanná entlang. Über mir in den Felsen ruft ein Raubvogel. Ich setzte mich auf einen Felsen und stärke mich noch einmal. Es dauert etwas, bis ich den Vogel auf einen Felsen entdecke. Ist es ein Adler? Selbst als er davonfliegt, bin ich mir nicht sicher was für ein Greifvogel es ist. Nach der willkommenen Pause steige ich die letzten Meter auf und kann dann hinab zum Jierttáluoppal blicken. Die breite Furt versteckt sich noch hinter dem Berghang und kommt nach weiteren 10 Minuten in mein Blickfeld.
Der Wanderweg führt gemächlich über Geländeterrassen hinab zur Furt des Skáktárjohka. Etwas oberhalb liegen viele Steine im Flussbett und auf der anderen Seite befindet sich ein Steilufer. An der eigentlichen Furt ragen die wenigsten Steine aus dem Wasser. Oberhalb des Steilufers läuft ein sehr helles Rentier mit einer Glocke umher. Ich schaue mich etwas um, aber ganz in Schuhen werde ich es nicht ans andere Ufer schaffen. Oberhalb der eigentlichen Stelle komme ich fast ans andere Ufer und muss dann noch ca. 15 Meter durchs Wasser. Da sich dort das Wasser aber stark kräuselt, kann es nicht besonders tief sein. An der eigentlichen Furt, geht es ebenfalls über Steine, aber den tiefen Teil am anderen Ufer kann ich schlecht abschätzen. Ich entschließe mich, mir meine favorisierte Stelle genauer anzuschauen und gehe mit Wanderschuhen über die Steine bis zum Wasser. Das sieht machbar aus. Als ich in die Crocs wechsel, bemerke ich Zuschauer, die mich vom nördlichen Ufer aus beobachten. Das Wasser läuft hier kräuselnd über Steine und ist auf den ersten Blick nicht tief. Grüne, rutschige Algen überwuchern einige der Steine, andere sind dagegen algenfrei und sehr rau. Als ich zwischen zwei Algensteine trete verschieben sich die Steine und der Fuß rutscht in die Tiefe. Upsi, das ist nicht so schön. Weit ist das Ufer nicht mehr und so trete ich lieber auf die rauen Steine. Das geht recht gut und schon stehe ich unterhalb der Steilkante. Meine Beobachter bauen inzwischen das Zelt auf und wollen es also erst morgen versuchen.
Ich gehe unterhalb des Steilufers entlang und erklimme über den Trampelpfad an der Furtstelle das Ufer. Nun gilt es auch für mich ein Zeltplatz zu finden. Ein frischer Wind weht. Vom Jerta fließt ein Bach als schöner Wasserfall herab und ich beschließe an seinem Ufer zu zelten. Auf der anderen Seite der Ebene kommt die Überraschung, kein Bach ist zu sehen, das Wasser läuft mal wieder unterirdisch. Nun will ich es etwas weiter oben versuchen und der zweite Bach führt ordentlich Wasser. Diesmal bin ich schlauer und fülle mein Wasser im Steilhang auf. Oben auf dem nächsten Plateau finde ich auch gleich einen ebenen Zeltplatz mit toller Aussicht. So dachte ich jedenfalls, denn kaum habe ich die Gestänge eingefädelt und will den ersten Hering setzen fängt es heftig an zu stürmen. Hier hat es keinen Sinn. Ich klemme das halb fertig ausgebaute Zelt unter den Arm und sich nach Windschutz. Den finde ich schließlich weiter unten. Immer noch im Sturm, aber das Zelt steht, nur habe ich nicht mehr genug Heringe. Drei sind mir beim Umherlaufen aus der Hand gerutscht und so veranstalte ich noch eine Art Ostereiersuche. Als ich das zweite Mal versuche meinen Weg nachzugehen, finde ich auch den letzten und kann das Zelt fertig sturmfest sichern.
Es ist schon spät als ich meine Spaghetti mit Lachs-Sahne-Sauce zubereite. Nach etwas mehr als 19 Kilometer bin ich richtig hungrig. Der Wetterbericht für Morgen sieht dürftig aus. Zumindest habe ich die Furt durch den Skáktárjohka geschafft. Und vielleicht ist das Wetter morgen mal besser als vorhergesagt.
Dærtahytta DNT
Lage: Nordkalottruta, Øvre Dividal nasjonalpark
Lat/Lon: 68°49'10" N, 20°6'30" E
Kategorie: Unbewirtete Hütte (Ubetjent), DNT-Schlüssel
Anzahl Betten: 23
Betreiber: DNT Troms Turlag, DNT - Den Norske Turistforening
Link: DNT Dærtahytta
10.2024