Abstieg zum Iselva
Der Wetterbericht für den Vormittag sah am Vorabend nicht gut aus und morgens regnet es auch wie angekündigt. Ich drehe mich also noch einmal um. Als es gegen 10 Uhr besser wird, packe ich ein und wandere kurz vor 11 Uhr los. Auf den Abstecher ins Isdalen verzichte ich, aber zumindest kann ich heute von meinem Zeltplatz aus in das Tal schauen. Auf der anderen Seite des Rostaelva ziehen die Wolken noch recht tief am Hang entlang. Dort will ich nachher zur Hochebene am Áslatvárri aufsteigen.
Ersteinmal geht es aber Richtung Rostahytta. Mit jeder Minute sehe ich mehr von der tollen Landschaft und sogar die Sonne scheint im Isdalen. Während ich über Heidefläche zur Mündung des Iselva (Čievččasjohka) in den Rostaelva absteige, bemerke ich eine dunkle Wolke hinter mir. Es wird doch wohl nicht gleich wieder regnen? Vor mir sieht es deutlich freundlicher aus. Und zum Glück bleibt es auch so.
Nach rund einer Stunde erreiche ich die Hängebrücke über den Iselva. Das Bauwerk aus Drahtseilen und Trittbrettern sieht etwas wackelig aus. Ich esse erstmal etwas und befestige meine Wanderstöcke am Rucksack. So schwankende Brücken sind nichts für mich, da habe ich lieber meine Hände frei. Ich warte noch eine Trail-Läuferin ab, die mir entgegenkommt. Es schaukelt etwas, wegen des höheren Schwerpunkts durch den Rucksack, aber sie ist stabiler als der Anblick vermuten lässt. Auf der anderen Seite geht es nun direkt am Ufer des Rostaelva entlang zur Rostahytta.
An der Rostahytta
Die Rostahytta besteht aus mehreren Hütten. Ein älterer Mann macht sich mit leichtem Gepäck fertig. Wir kommen ins Gespräch. Er will zum Angeln zur Stor-Rostahytta. Hofft aber darauf, dass sein Kollege ihn mit dem Motorrad ein Stück mitnimmt. Dann erzählt er mir, wie er einmal von der Polizei gesucht wurde, als sein Kollege ihn beim Fischen unbemerkt überholte und sie an unterschiedlichen Stellen aufeinander warteten. Und falls ich nicht mehr weiter mag, dann könne ich einfach den Hubschrauber rufen. Der würde mich in Norwegen nichts kosten. Das habe ich gestern schon ähnlich gehört, aber da haben wir über wirkliche Notfälle gesprochen. Ich gehöre weiterhin zu denen, die den SOS-Knopf nur im wirklichen Notfall drücken werden. Wir verabschieden uns mit einem god tur.
Rund 100 Meter unterhalb der Rostahytta quere ich den Rostaelva (Rostojohka) über eine weitere Hängebrücke. Unter mir rauscht der Rostaelva eine Stromschnelle herab. Am südlichen Ufer geht es über ein paar tolle Felsplatten, dann beginnt der Aufstieg auf die Hochebene am Áslatvárri. Ich blicke noch einmal zurück, hinüber zum Hochtal Ruollavággi, wo sich der Trollelva (Ruollajohka) über einen Wasserfall ins Rostadalen stürzt.
Aufstieg zum Áslatvárri
Ich pflücke ein paar Moltebeere und esse ein paar Nüsse, dann geht es weiter. Die ersten Wanderer von der Dærtahytta kommen mir entgegen. Die Nordkalottruta folgt nun einem Bachlauf bergan. Früher wurde der Wasserlauf hier bereits gequert, aber seit einigen Jahren verläuft der offizielle Wanderweg weiter südlich. Während auf der Calazo-Karte von 2017 beide Routen eingezeichnet sind, ist in den norwegischen Onlinekarten 2024 nur die alte Route vermerkt. Ich folge dem rotem T weiter den Bach entlang Richtung des 577 Meter hohen Áslatvárri. Dieser ist inzwischen wolkenfrei. Gegen 14 Uhr quere ich einen kleinen Bach und mache Mittagspause. Zeit für Kartoffelpüree und wärmenden Tee, denn der Wind ist ohne Sonne recht kühl.
Nach einer halben Stunde steige ich weiter auf. Der Weg verläuft nun schräg zum Hang und damit habe ich den größten Teil der Steigung hinter mir. Ich kann inzwischen ins Hochtal Ruollavággi blicken und im Isdalen scheint sogar die Sonne. Als ich den Áslatvárri westlich passiere wird das Gelände steiniger. Die Blockfelder stellen aber kein wirkliches Hindernis dar. Als ich zum ersten Mal zum Áslatjohka hinabblicken kann, bricht die Sonne auch bei mir durch die Wolken.
Hochebene am Áslatvárri
Vor mir liegt die Hochebene Áslatvárri. Der Weg führt nun hinab zum Áslatjohka. Ich passiere östlich mehrere kleine Seen, in deren Bereich der Grund recht feucht ist, dann herrscht die typische Heidelandschaft des Kalfjälls vor. Ich wandere nun am linken Ufer des Áslatjohka entlang. Dieser fließt munter durch einen kleinen Canyon. Unterhalb der nächsten Stufe liegt die Furt, dazwischen plätschert der Fluss über Kiesbänke.
Ursprünglich wollte ich weiter aufsteigen und erst im Gassavággi am Gassavákkejárrit zelten. Durch den späten Start bietet es sich jedoch an das Zelt bereits hier aufzustellen und Sonne und Wind zum Trocknen der nassen Sachen zu nutzen. Weiter oben ziehen noch immer die Wolken entlang. Rund 10 Kilometer habe ich geschafft. Ich suche mir eine ebene, trockenen Fläche und baue das Zelt rund 200 Meter unterhalb der Furt auf. Mittels Wanderstöcken hänge ich die nassen Sachen vom Vortag zum Trocknen in den Wind. Der Tee vom Mittag ist durch und ich müsste mal zur Toilette, aber inzwischen ist jemand vom Gassavággi abgestiegen und steht an der Furt. Ein Schuhwechsel scheint nötig und auf meiner Seite wird anschließend das Handy oder Navi studiert und studiert und studiert. Dort ist also die Wegverzweigung zwischen alter und neuer Route. Ich blase die Luftmatratze auf und packe den Schlafsack aus. Die Blase drückt und die Person steht immer noch da. So eine baumlose Ebene ist trotz oder wegen der guten Aussicht in so einem Fall ungünstig. Ich überlege kurz, ob ich hin soll und fragen, ob ich helfen kann. Ich räume weiter im Zelt herum und als ich wieder rausschaue, hat die Person mein Zelt passiert und steht auf dem nächsten Hügel und stiert wieder aus Navi. Dann ist sie endlich außer Sicht.
Zeit sich etwas umzuschauen und die Furt für den nächsten Tag zu erkunden. Der Áslatjohka entspringt aus dem Áslatjávri, welcher rund 100 Meter höher an der südlichen Flanke des Låglikka. Das Wasser fließt über ein steiniges Flussbett herab und glitzert im Gegenlicht. Da ich in meinen Crocs umherlaufe, begnüge ich mich mit den kleinen vorgelagerten Hügeln. Diese werden von Sandregenpfeifer bevölkert und auch verschiedene Pflanzen blühen. Richtung Furt ist es mir zu nass und steinig und so gehe ich wieder zurück zum Zelt. Am Ufer des Áslatjohka beobachte ich dabei einen Rotschenkel, der zur Familie der Schnepfenvögel gehört. Während ich die Spaghetti esse, beschließe ich morgen einfach direkt am Zelt den Fluss zu queren und auf der anderen Seite über die Fläche zum Wanderweg zu wandern. Nach 20 Uhr kommen noch zwei Wanderer vorbei und queren den Áslatjohka etwas oberhalb der Furt in Schuhen.
Rostahytta DNT
Lage: Nordkalottruta
Lat/Lon: 68°56'23" N, 20°1'39" E
Kategorie: Unbewirtete Hütte (Ubetjent), DNT-Schlüssel
Anzahl Betten: 33
Betreiber: DNT Troms Turlag, DNT - Den Norske Turistforening
Link: DNT Rostahytta
10.2024