Von wegen Trocken, sind meine ersten Gedanken am Morgen. Noch immer ist es äußerst ungemütlich draußen. Wolken ziehen an meinem Zelt am Láirevákkejohka im Salvvasvággi vorbei und lassen die Landschaft im feuchten Wolkennebel verschwinden. Ich lasse es langsam angehen. Zum Frühstück hatte ich über Nacht getrocknete Südkartoffeln mit Apfelleder eingeweicht. Ich erhitze beides und streue noch Mandel darauf. Gewürzt mit Zimt, riecht es weihnachtlich und passt irgendwie zum Wetter draußen.
Als ich gegen 10 Uhr meinen Rucksack fertig gepackt habe, fängt es kräftig an zu regnen. Gerade noch rechtzeitig, denn so kann ich den Schauer im Zelt abwarten. Der Regen dauert länger als gedacht, aber um 11 Uhr ist es endlich so weit und ich kann los Wandern. Zwei Rentiere beäugen mich neugierig, bleiben aber auf Abstand. Für mich geht es nun am Láirevákkejohka entlang zum Hochtal Láirevággi.
Ich erreiche ein große, grüne Ebene auf Höhe von 831. Die Sonne bricht langsam durch und ich kann im Westen die ersten Berge des Kjeleelvtinden-Massivs sehen. Einer der Nebenflüsse des Láirevákkejohka entspringt dort auf 1109 Meter südlich des Čorrovárri. Er fließt durch eine Schlucht herab auf die Ebene. Dann verschwindet die Schlucht wieder hinter Nebel. Dafür sehe ich nun eine Person am Flussufer.
Der Wolkenschwaden kommen und gehen. Die Lücken, in denen ich Ausschnitte der Berge sehen kann, werden immer größer. Der Weg führt weiter auf die Ostflanke des Biette Jovnna čohkka zu. Noch aber ziehen Wolken über den Pass. Das Gelände steigt terrassenförmig an und ich quere einige Bäche im Quellgebiet des Láirevákkejohka. Ich werde von der Person überholt. Es ist ein Schwede der das Grüne Band (Gröna Bandet) wandert und bis Anfang Oktober den Grövelsjön erreichen will. Auch er findet die Genauigkeit des Wetterberichts nicht sehr prickelnd und wandert oft bis spät in den Abend, da das Wetter dann meistens besser ist. Von mir unbemerkt hat er gestern mein Zelt passiert und an einer Flussbiegung des Láirevákkejohka gezeltet. Wir verabschieden uns und er entschwindet mit zügigem Schritt hinauf ins Láirevággi. Schon morgen will er Abisko erreichen.
Auf der östlichen Hangseite kommen die Hütten der schwedischen Talma Sameby ins Sicht. Der Fahrweg für Quads durch das Salvvasvággi führt weiter östlich bis zu den Hütten. Ich quere den Láirevákkejohka problemlos und steige ebenfalls an seinem Ufer weiter auf ins Láirevággi.
Rohkunborri Nasjonalpark
Südwestlich der Sameby betrete ich den Rohkunborri Nasjonalpark, der sich bis zur schwedischen Grenze erstreckt. Ich erreiche wenig später den höchsten Punkt im Láirevággi und schon geht es sanft abwärts. Die Sonne scheint inzwischen und hat die Wolken vertrieben. Mit jedem Schritt kommt immer mehr vom Ruovdoaivvit (Riiksočohkka) und seinen Gletschern in Sicht. Schließlich kann ich ins Tal des Riksoelva hinabsehen. Zeit für eine kurze Pause.
Über grüne Wiesenhänge steigt der Weg an der Westflanke des Unna Skadjoaivi entlang ab. Unten im Talgrund erwartet mich die Furt durch den Riksoelva (Riksojohka). Der Gletscherfluss ist recht klar und an der Furt unterhalb einiger Möränen nicht sehr tief. Trotzdem muss ich in die Crocs wechseln. Etwas oberhalb soll es früh im Jahr manchmal eine Schneebrücke geben, aber durch die warmen Wochen im Juli ist natürlich kein Schnee mehr da.
Am anderen Ufer angekommen, überlege ich kurz, ob ich in Crocs die 500 Meter weiter zum Sávzajohka gehen soll, denn auch dort kann es nasse Füße geben. Ich wechsel aber doch lieber wieder in die Wanderschuhe. Es ist die richtige Entscheidung, denn der Sávzajohka verzweigt sich vor der Mündung in den Riksojohka in mehrere Arme und die Querung ist kein Problem. Es ist schon 15 Uhr vorbei und so langsam wird es Zeit etwas zu Essen. Ich packe den Kocher aus und erhitze Wasser für Kartoffelpüree und Tee. Wolken ziehen wieder auf und umhüllen die ersten Gipfel. Nach einer halben Stunde wandere ich weiter.
Die Nordkalotruta führt nördlich des Ganešbákti in das kleines Seitental Sávzariehppi und über einen Pass nach Westen Richtung Sørdalen. Als ich zurück zum Láirevággi blicke, sehe ich schon wieder Wolken über den Pass ziehen. Im Schatten des Čáhppesbákti bleibt das Wetter aber erst einmal gut. Das Sávzariehppi ist abwechslungsreich. Bäche und Felsen durchziehen das Tal, unterhalb des Passes liegen einige Steine. Dann bin ich oben und als ich mich umdrehe, ist das Riksodalen nur noch schwach im Wolkennebel zu sehen und es scheint dort schon zu regnen.
Leider ist der Blick nach Süden nicht viel besser. Zwar kann ich über die Ebene Lullehačorru unterhalb mir blicken, aber dahinter verschwindet alles in den Wolken. Nur Richtung Norwegen glitzern in der Ferne ein paar Seen im Gegenlicht. Die Abisko-Berge südliches des Torneträsk sind genauso wenig zu sehen wir der See. Ich will heute oberhalb der Lappjordhytta im Kalfjäll zelten. So langsam kann ich also nach einem Zeltplatz Ausschau halten. Vielleicht ist ja morgen bessere Sicht. Zeltmöglichkeiten gibt es schon, aber leider erst einmal kein Trinkwassern. Um 17:30 liegt unter mir der Gurtejávri und als ich seinen trockenen Zufluss quere, plätschert weiter oben das Wasser einen kleinen Wasserfall herab. Einige Rentiere ziehen über die Ebene und wenig später fliegt ein Seeadler vorbei, wenn das keine Einladung zum Bleiben ist. Unterhalb der Felsenstufe liegt eine ebene Heidefläche. Mein letzter Zeltplatz in Norwegen ist damit gefunden.
Ich baue das Zelt auf. Der Wetterbericht für morgen verspricht immer noch gutes Wetter. Rund 12 Kilometer habe ich trotz späten Start zurückgelegt. Keine 45 Minuten später geben die Wolken den Torneträsk und Njullá frei. Das Ziel ist also schon in Sicht. Erneut gibt es Spaghetti. Diesmal mit Pilzen und Tomaten und als Vorspeise Rührei. In zwei Tagen bin ich in Abisko und kann einkaufen.