In der Nacht hat es geregnet. Trotzdem habe ich sehr gut geschlafen. Am Morgen hängen die Wolken immer noch tief im Ballinvággi. Ab Mittags soll es nach dem Wetterbericht von gestern besser werden und so lege ich mich wieder. Der Wind kommt aus Abisko und drückt immer weitere Wolken in das Tal. Hin und wieder nieselt es. Um kurz vor elf entschließe ich mich einzupacken. Es ist zwar schade, von der schönen Landschaft nichts zu sehen, aber so wirklich gut wird es die nächsten Tage wohl auch nicht.
Ich esse noch etwas bevor ich als letztes das Zelt einpacke. Es ist sogar fast trocken. Die nächste Regenwolke ist schon im Anmarsch, als ich um 12:45 los wander. Ich folge den vereinzelten Steinmännchen am östlichen Ufer des Ballinjohka. Grasflächen und steinige Partien wechseln sich ab. Es ist leicht zu gehen.
Die erste richtige Herausforderung des Tages ist die Querung der verschiedenen Quellflüsse des Ballinjohka. Vom Gletscher Ballinriehppijökeln ist nichts zu sehen, da die Wolken zu tief im Tal hängen. Bevor ich zum ersten Arm absteige versuche ich von meiner erhöhten Position ein Steinmännchen zu entdecken. Es ist recht nebelig, aber dann entdecke ich am anderen Ufer doch eines und habe so einen Anhaltspunkt wo ich am besten lang gehe. Das Wasser fließt durch steiniges Terrain und trotz des Regens sind die ersten Wasserläufe nicht tief. Ich komme gut in Wanderschuhen rüber und gehe Richtung des kleinen Sees unterhalb der Passhöhe. Der Hauptabfluss des Ballinriehppijökeln ist etwas tiefer und da ich keine Lust auf nasse Wanderschuhe habe, wechsel ich in die Crocs. Einmal in Watschuhen quere ich auch gleich den Seeabfluss.
Am kleinen See vorbei, geht es auf die Passhöhe am Punkt 1042. Das Terrain ist nun steinig. Von den umgebenen Bergen ist weiterhin nichts zu sehen. Der nasskalte Wind weht auch hier. In einer Skizze der Route sollte der Weg nun südlich des nächsten Sees entlang führen. Mir kommt es jedoch so vor als ob die andere Seeseite einfacher zu begehen ist. Um ein weiteres Geröllfeld zu meiden, wechsel ich am Seeende die Seite und stoße prompt auf ein Steinmännchen. Diese führen mich wenig später wieder an den Südhang des Tals. Die Steine werden weniger und ich erreiche Grashänge. Während sich im Tal die kleinen Wasserläufe zu einem Fluss vereinigen und dem Šiellavággi entgegen fließen, wandere ich auf der 1000 Meter Konturlinie entlang. In der Ferne kann ich am Übergang ins Šiellavággi die Renvaktarstugan erkennen.
Durch das südliche Šiellavággi
An der Renvaktarstugan am Übergang zwischen Ballinvággi und Šiellavággi gibt es große Grasflächen zum Zelten. Allerdings sind sie durch den Regen sehr nass. Einen schönen Blick das nördliche Šiellavággi entlang gibt es hier auf alle Fälle. Es ist halb vier und die Wolken sind deutlich höher. Ich gehe weiter. Meine Route führt mich nun durch das südliche Šiellavággi zum Alisvággi. Ab hier gibt es keine helfenden Steinmänchen mehr. Rund 100 Meter unter mir fließt der Šiellajohka. Ich wandere an der steilen mit Gras bewachsenen Flanke des Ballinbogičohkka entlang. Dabei versuche ich so wenig wie möglich an Höhe zu verlieren, denn jeden Meter abwärts muss ich später wieder hoch. Nach dem Ballinbogičohkka weitet sich das Tal. Ich halte mich weiter oberhalb des Šiellajohka an der östlichen Talseite. Die einzelnen auf der Karte eingezeichneten kleinen Seitenbäche machen trotz des Regens keine Probleme und sind einfach zu queren.
Langsam aber stetig geht es bergan dem Pass zwischen Hoŋgá und Šiellačohkka entgegen. Das Tal wird wieder steiniger, ist jedoch auch weiterhin einfach zu begehen. Für einen kurzen Augenblick habe ich das Gefühl, die Sonne würde gleich durch die Wolkendecke brechen. Aber leider bleibt es dabei.
Nach drei Kilometern erreiche ich den ersten der drei in der Karte eingezeichneten Seen am Punkt 1098. Kurz vorher entdecke ein paar im Halbkreis senkrecht aufgestellte Steinplatten, die mich an einen Windschutz erinnern. Den See passiere ihn in einiger Entfernung, nur keine Höhenmeter verschenken, denn es geht weiter leicht bergan auf den Hoŋgá zu.
Kurz vom zweiten See schrecke ich eine Familie Schneehühner (Fjällripa) auf. Sie laufen zügig in alle Richtungen und die Eltern versuchen von ihren doch schon großen Kindern abzulenken. Das graue Federkleid bietet eine gute Tarnung. Sobald sie sich nicht mehr bewegen sind sie zwischen den Felsen kaum zu erkennen. Nachdem die Route vorhin nicht ideal war, schaue ich diesmal genauer hin wie ich die beiden vor mir liegenden Seen am besten passiere. Nach meinen Informationen führt die beste Route an der östlichen Seite entlang. Der hintere See fließt in den mittleren See ab und von links erhält dieser noch Wasserzuschuss durch einen Wasserfall. Das östliche Seeufer des hinteren Sees wirkt recht steil und am westlichen Ufer muss ich durch ein Geröllfeld.
Ich gehe über ein kleines Schneefeld Richtung Wasserfall. Dessen Wasserlauf kann ich trockenen Fußes queren. Den Abfluss des südlichen Sees ebenfalls. Ich entschließe ich mich für das Westufer. Das Geröllfeld reicht hier bis zum Ufer, aber die Steine liegen fest und ich komme zügig voran.
Um 18:20 erreiche ich den kleinen Pass. Felsig ist es hier und ich spüre meine müden Beine. Es ist nicht mehr weit bis zum See 1062 am Alip Hoŋggánjira in dessen Umgebung es Zeltplätze geben soll. Ich folge dem kleinen Bach, der mich direkt zum See führen sollte. Noch bevor ich den See erblicke, sehe ich ein Zelt. Mist. Die wenigsten wollen in abgeschiedenen Täler wandern und dann direkte Zeltnachbarn haben. Ich schaue mich nach einem möglichen Platz um, verliere dabei irgendwie das Gleichgewicht und schlage mit dem Knie auf einem Stein auf. Die neue Regenhose ist eingeweiht. Zumindest muss ich sie nicht ausziehen, um die Wundversorgung zu machen. Das Knie ist aufgeschrammt, aber sonst scheint alles in Ordnung zu sein.
Ein Stückchen weiter finde ich einen Platz zwischen den vielen Steinen, der eben und groß genug für mein Zelt ist. Eine Rentierherde zieht mit Abstand vorbei. Ich entscheide heute bei der Essenwahl nach Gewicht und esse deshalb rote Linsen mit Karotten und Lammfleisch in Jägersoße. Ein kalter Wind weht ungemütlich durch das Zelt. Ich friere selbst im Schlafsack. Schließlich stecke ich in Erwartung einer kalten Nacht auf 1080 Meter Höhe den Schlafsack samt Luftmatratze in den Packsack des Rucksacks, der auch als Regenhülle fungiert. Es ist gleich viel wärmer und ich schlafe ein.